Ich muss zugeben, dass ich entsetzt war, als ich das Schild an der Olympiaschwimmhalle mit den Revisionszeiten gesehen habe: drei Wochen geschlossen und das im Winter. „Das kann man doch auch in den Sommerferien machen, wenn die Freibäder geöffnet sind“, war mein Gedanke. Ja, freilich – es sind alle anderen Bäder in München offen und drei Wochen sind nicht die Welt. Trotzdem fand ich es blöd.
Je näher der „letzte“ Tag rückte, desto mehr wollte ich unbedingt alles noch nutzen. Irgendwie ist dieses Gefühl seit dem ersten Lockdown vor zwei Jahren geblieben. Dieses „wer weiß, wann es wieder geht“.
Doch dann reifte in mir der Plan, die Zeit nicht zu verfluchen, sondern zu nutzen. Und zwar am See. Denn den hatte ich stark vernachlässigt, jeder Windhauch wurde zu einem Sturm deklariert, um als Ausrede herzuhalten, dass ich jetzt doch besser im Hallenbad „richtig“ schwimme. Und oft habe ich mich dann gefragt, wie ich das vergangenes Jahr aushalten konnte, bei kaltem und scheußlichem Wetter zum See zu fahren, mich auszuziehen und dann auch noch zu schwimmen. Die Antwort: Weil ich keine Alternative hatte.
Jetzt war es gefühlt auch so – bzw. waren die Alternativen nicht so vielversprechend. Eine 50-Meter-Bahn im Dante, dazu aber warmes Wasser oder kürzere Bahnen in kleineren Bädern? Mit womöglich vielen Mitschwimmern? Mein Gehirn kann ganz toll Horrorszenarien basteln! Deshalb habe ich mir gedacht, dass ich dann lieber zum See radle.
Gesagt – getan! In der ersten Revisionswoche waren nämlich auch noch Faschingsferien, also Horrorhochzehn … haha… zumindest in meinem Horrorhirn. Und während es im Januar fast schon sommerlich warm war, gab’s gleich mal in der Nacht zum Rosenmontag Frost, am Vormittag, als ich geschwommen bin, waren es nur wenige Grad über Null. Und das Wasser war kalt. So kalt, dass ich das Gefühl hatte, mein Körper vibriert beim Schwimmen. Aber es war schön.
Und so bin ich dann die ganze Woche zum See geradelt, obwohl es dank eines Hochs zwar schönen blauen Himmel mit Sonne gab, dafür aber kalten Ostwind und dank Nachtfrösten blieb das Wasser kalt, es gab sogar am Rand eine kleine Eisschicht. Aber ich war dann in meiner Routine und konnte das Schwimmen genießen. Und ich habe festgestellt, dass es für mich schon einen Unterschied macht, ob ich jeden Tag im See schwimme oder nur einmal pro Woche. Das Reingehen fällt mir schon lange nicht mehr schwer, aber es ist „natürlicher“, wenn ich es täglich mache.
In der 2. Woche ohne Oly war es montags bewölkt, ein kalter Wind pfiff und ich dachte, dass ich dann ja mal das Dante-Winterbad testen könnte. Zum einen sollte wegen des Wetters nicht zu warm sein, zum anderen hoffte ich auf weniger Mitschwimmer. Es waren tatsächlich nicht sehr viele Menschen da, aber das Wasser war trotz des kalten Windes zu warm. Ich hatte das Gefühl, dass ich gar nicht richtig schwimmen kann. Deshalb bin ich dann am Dienstag wieder zum See geradelt. Die Sonne schien, der Ostwind hat geweht, ich bin trotzdem vier bis fünf Minuten geschwommen. Und es war sehr schön.
In Woche drei wurde es am Montag plötzlich warm: Das Hoch war abgezogen, ein Tief brachte warme Luft aus dem Süden. Darauf war ich nicht so vorbereitet und deshalb war mir beim Radln ganz schön warm – ich war fast froh, als ich in den See gehen konnte. Am Mittwoch hatte ich es dann komplett falsch eingeschätzt: An der Hauswand daheim hatte es 7 Grad, also viel wärmer als in den beiden Wochen zuvor – da muss ich mich nicht so warm einpacken. Und das war komplett falsch. Denn diese 7 Grad waren bei Wolken und mit einer höheren Luftfeuchtigkeit ganz schön kalt. Da waren die 1-2 Grad plus mit dieser extrem trockenen Hochdruckluft wärmer. Erstaunlich!
Mein Thermometer hatte ich in der ganzen Zeit nur einmal dabei. Es zeigt bei Sonnenschein nicht die wirkliche Wassertemperatur an, wenn ich es hinter mir herziehe. Denn dann scheint die Sonne drauf… am Samstag habe ich es aber mitgenommen, weil mich interessiert hat, ob das Wasser schon wärmer geworden ist. Wegen des Windes konnte ich es nämlich nicht wirklich einschätzen. Es hatte sich schon so angefühlt, als wäre es über 5 Grad, aber weil beim Schwimmen doch immer ein leichter Wind die Oberfläche und mich gestriffen hat, war es schwer zuzuordnen. Am Samstag habe ich das Thermometer dann im Schatten unter dem Steg befestigt und es zeigte 7 Grad. Das kommt ganz gut hin.
Und weil ich ja vergangenes Jahr im Februar und März jeden Tag schwimmen war, kann ich direkt vergleichen. Zum Frühlingsanfang (letztes Jahr am 21. März, heuer am 20.) war das Wetter zum Beispiel eher winterlich und so kalt, dass meine Thermometerschnur angefroren war. Ganz anders heuer: Es war zwischendurch windstill, die Sonne scheint und hat schon einiges an Kraft, so dass ich gute fünf Minuten geschwommen bin und mir danach auch nicht kalt war.
Wenn ich nur im Hallenbad schwimme, weiß ich nach einem Jahr nicht mehr, wie das Wetter war. Es ist natürlich ein großes Glück, dass das Wetter in den drei Wochen Revision gut war. So habe ich diese Chance genutzt und habe das See-Schwimmen wirklich genossen. Mal sehen, wie das wird, wenn die Olympiaschwimmhalle wieder öffnet – und ich im Zwiespalt bin zwischen See-Sonne und „richtigem“ Schwimmen. Vielleicht bekomme ich es mal mit einer „gesunden“ Mischung hin?
Für die Chronisten gibt’s auch noch eine Zahl: Bei den Schwimmtagen in Folge bin ich inzwischen bei 337 angelangt!