Monatsarchiv: Januar 2022

Sonniges Winterschwimmen

Nach dem warmen Jahreswechsel ist es jetzt wieder kälter geworden. In der Nacht hatte es oft Frost und meist Nebel. Als ich da vormittags in die Olympiaschwimmhalle geradelt bin, dachte ich mir oft: Krass, dass du letztes Jahr bei diesen Temperaturen und bei so einem Wetter (und manchmal noch viel schlechterem Wetter!) zum See geradelt bist und geschwommen bist. Und jetzt? Bin ich froh, dass die Strecke ins „Oly“ nicht mal halb so lang ist wie zum See und dass ich im Warmen schwimmen kann. Wenn es aber keine andere Möglichkeit gibt, so wie letztes Jahr im langen Novemberlockdown, dann kann ich ganz schön hart sein, habe ich festgestellt. (Und naja, das weiß ich ja schon: Ich bin ein Chlorhuhn und schwimme so oft es geht im Chlorwasser; ist im Sommer ja ähnlich).

Heute Nacht war es sternenklar, der Fast-Vollmond hat vom dunkelblauen Himmel geleuchtet und irgendwer hat die Gefrierschranktür offen gelassen. Oder einfacher gesagt: Es war kalt! Frost, an der Hauswand minus 3 Grad, da kann man sich ja ausrechnen, wie kalt es in „echt“ war. Aber: Es ist auch schön und die Sonne scheint schon morgens, sie muss nicht erst gegen den Nebel ankämpfen. Und so ist sie dann auch in der Lage, etwas Wärme zu verbreiten.

Ich will heute kein „Mätämuna“ – Weichei – sein und drinnen schwimmen. Nein, heute ist ein guter Tag zum Eisschwimmen. Ich kann erst mittags los, da ist es auch schon etwa zwei bis vier Grad plus. Es weht auch kein Wind, also prima Bedingungen.

„Normalerweise“ ist die Sonne links vom Steg, aber wer zu spät kommt, findet sie rechts davon …

Am See steht die Sonne „falsch“, sie ist schon weitergerückt. Das ist seltsam und auch, dass doch einige Menschen da sind. Vormittags bin ich ja meist allein da und genieße die Ruhe. Doch die Sonnengenießer sind sehr ruhig und auch nett, als wir später ratschen. Die Luft ist um einiges kälter als an Silvester und Neujahr, deshalb kommt mir das Wasser gar nicht so kalt vor. Es ist sogar ziemlich einfach zum Reingehen (ich war seit 12 Tagen nicht im See). Die Sonne scheint mir ins Gesicht, das Wasser ist kalt und klar (drei Grad), ich tauche unter und kann gleich losschwimmen. Kein Kälteschock, ich merke aber, wie sich mein Körper anpasst. Das Schwimmen fühlt sich auch richtig schön an. Kein „ichwillsofortraushier“, sondern eher „wowichdarfabernichtzuweitschwimmen“. Und so kann ich mit ruhigen Brustzügen am Ufer entlangschwimmen, an der Eine-Minute-Birke vorbei, ans Ende der Zwei-Minuten-Halbinsel und bis zur Zwei-ein-halb-Minuten-Bank am Ufer. Dann drehe ich um, weil erstens in der Drei-Minuten-Bucht Schatten ist, zum anderen weil ich merke, dass das Wasser kalt ist und ich natürlich noch zurück zum Steg muss. Nicht übertreiben, das habe ich mir ja vorgenommen. Und so schwimme ich mit der Sonne im Rücken zurück zum Steg, die Kälte ist jetzt in den Händen und Füßen deutlich zu spüren. Ich versuche weiterhin, eine Faust zu machen, damit die Finger beweglich bleiben. Aber ich merke auch, dass das nicht mehr so ganz leicht geht. Und dann bin ich schon am Steg, die Strecke war genau richtig.

Rausgehen ist auch schön, weil es wie erwähnt windstill ist und die Sonne tatsächlich etwas wärmt. Oder ich bilde es mir ein, egal – es ist schön. Umziehen klappt prima, die Holzwand an der Hütte ist durch die Sonnenstrahlen schön warm und ich kann meine Finger auch noch bewegen. Als ich angezogen bin und mit der Frau ratsche (die mich natürlich bewundert hat für meinen Mut ;-)), spüre ich die Kaltwelle durch meinen Körper rauschen. Herrlich! So ein richtig erhebendes Gefühl! Wenn es zu kalt ist, kann ich das gar nicht wahrnehmen, weil ich dann so ausgefroren bin und sofort zittere, da geht diese Welle irgendwie unter. Aber jetzt: einfach nur toll!

Das Zittern kam dann ein bisschen später, aber es ist nicht schlimm, weil mich mein Tee und die Sonne wärmen. Und der Ratsch mit der Frau ist sehr angenehm. Sie hat es sich mit einem Campingstuhl, Buch und Wolldecke auf der Terrasse der DLRG-Hütte gemütlich gemacht, es ist aber trotzdem genug Platz für mich in der Sonne. Sie erzählt mir dann, dass ihr Mann und sie den Ort hier als „Kanada“ bezeichnen. Ich muss lachen und sage, dass es für mich auch in Finnland sein könnte. Eine Hütte am See, bisschen schwimmen, die Sonne und Ruhe genießen – deshalb mag ich das hier so gerne.

Es war heute jedenfalls die richtige Entscheidung, im See zu schwimmen. Das Wasser war trotz Kälte angenehm, die Gesellschaft war schön und dazu die Sonne – einfach perfekt. Ich muss ja nicht bei jedem Sauwetter zum See fahren, wenn die Hallenbäder geöffnet sind. Aber dafür muss ich ja auch nicht bei schönstem Sonnenschein immer ins Schwimmbad gehen, sondern kann mich auch mal mit fünf Minuten Winterschwimmen zufriedengeben.