Mitte September überkommt mich und meine virtuellen Mitschwimmer eine Melancholie. Die Freibäder schließen. Das mag Lutz in seinem Blog amüsant finden und darauf hinweisen, dass man auch jetzt im Herbst noch in Seen schwimmen kann. Das ist richtig. Doch für mich und die anderen, die ihr Freibad jetzt schmerzlich verabschieden und über den Winter vermissen, geht’s wohl um mehr als nur das Schwimmen im gechlorten Becken. Schließlich kann man auch im Hallenbad schwimmen. Und zumindest ich in München habe das Glück, dass ich auch drinnen eine 50-Meter-Bahn habe (Olympiaschwimmhalle) und sogar – Luxus, Luxus! – den ganzen Winter über draußen schwimmen kann. Kostet zwar etwas mehr, ist aber im Freien. Das Dante-Winter-Warmfreibad macht’s möglich. Und doch ist es nicht dasselbe. Warum?
Darüber habe ich mir einige Gedanken gemacht. Und ich komme für mich zu dem Schluss, dass das Schwimmen im Freibad mehr ist als nur die körperliche Betätigung. Für mich ist es in der Tat wie ein „zweites Wohnzimmer“. Manche bezeichnen so ihre Stammkneipe, bei mir trifft das auf das Sommerbecken im Dantebad zu. Und das ist dasselbe Bad wie oben erwähnt, nur ist das Becken auf der anderen Seite. Es hat nur im Sommer geöffnet. Und irgendwie ist es so, dass man im Sommer mehr mit den Leuten redet. Zum einen, weil man an einem schönen Tag auch ein bisschen am Beckenrand sitzt. Zum anderen, weil man sich bei schlechtem Wetter verbündet fühlt. Und wer regelmäßig ins Bad geht, trifft zwangsläufig immer dieselben Leute.
Ich nenne diese Menschen gern „Beckenrand-Freunde“. Denn zumeist bleibt es bei dieser Verbindung. Man kennt sich aus dem Freibad, man kennt sich in Badeklamotten. Man weiß, wie der andere schwimmt – den Namen weiß man manchmal nicht. Man grüßt sich, verabschiedet sich, wünscht sich Spaß oder scherzt kurz rum. Oder klagt sich gegenseitig das Leid, weil die Schwimmerbahn auf einmal von vielen „Fremden“ geentert wird. Kurzum: Man hat Gemeinsamkeiten.
Viele dieser Menschen treffe ich im Sommer regelmäßig. Von manchen weiß ich sogar den Vornamen oder was sie arbeiten. Oder dass sie auch noch andere Hobbys außer schwimmen haben. Von anderen weiß ich trotz längerer Unterhaltung nicht mal den Vornamen. Aber eine neue Badekappe, ein neuer Badeanzug oder eine neue Hose – das erkennt man sofort. Man fachsimpelt über die beste Brille, wo es bunte Badeanzüge gibt oder welches die nervigsten Mitschwimmer-Marotten sind. Und das ist schön. Wenn ich an einem regnerischen Sonntag nicht weiß, was ich machen soll, gehe ich ins Freibad. Manchmal treffe ich Mitschwimmer, manchmal winkt mir auch nur der Bademeister zu. Es ist einfach ein Ort, an dem ich mich wohlfühle. An dem man mich kennt (manche wissen meinen Namen, andere nicht).
Das ist das, was für mich das Schwimmen im Freibad so anders macht. Denn ich treffe nur einen winzigen Anteil dieser Menschen im Winter im Dantebad. In der Olympiaschwimmhalle bin ich auch oft, aber einen „Ratsch“ gibt’s da eher selten. Da fühlt sich das Schwimmen auch immer „ernster“ und mehr wie ein „Training“ an. Und deshalb bin zumindest ich jetzt etwas traurig. Weil einfach mehr fehlt als das Schwimmen. Denn das ließe sich ja leicht ersetzen.