Am Valentinstag 2015 war es soweit: mein erstes Date mit dem Eisschwimmen. Was soll ich sagen? Liebe auf den ersten Blick war es nicht gerade … Es war ein kalter, neblig-windiger Tag in Mittelfranken, der Große Rothsee war halb mit Eis bedeckt. Wir waren am Großen Rothsee, weil der kleine komplett zugefroren war. Eisschwimmer-Probleme halt. Warum war ich da? Weil ich neugierig war und weil ich das große Glück habe, mit meiner Neugier Geld verdienen zu dürfen. Deshalb habe ich Sabine und Norbert besucht, weil ich einen Radiobeitrag übers Eisschwimmen machen wollte. Sabine und ihre eiskalte Leidenschaft kannte ich aus Facebook (bekanntlich die Seite im Netz für Verrückte aller Art).
Während sich Sabine aus- und umzieht, nehme ich alles mit meinem Mikrofon auf. Meine Finger sind schon ganz kalt, aber als Sabine schwimmt, will ich es selbst probieren. Schließlich hat es mich ja interessiert, wie das so ist mit dem kalten Wasser und überhaupt. Also ziehe auch ich mich um und stehe dann nur noch mit Badeanzug und Badekappe da. Norbert hat das Mikrofon übernommen und hat Sabine, die an der Eiskante mit ihrer Boje ihre Bahnen zieht, und mich am Ufer im Blick. Und was kann ich sagen? Weit bin ich nicht gekommen. Das Wasser hatte keine zwei Grad, der fiese kleine Nebelwind war kalt auf der Haut und ich war total verkrampft. Wie man auch auf dem Bild sieht.
Typische Haltung unerfahrener Eisschwimmer: Mir ist kalt!
Bis zu den Knien habe ich es geschafft – dann war Schluss! Eigentlich eine ganz ordentliche Leistung, so ganz ohne Vorbereitung. Aber eigentlich auch nicht befriedigend.
Deshalb habe ich dann beschlossen, das Ganze im Herbst langsam angehen zu lassen. Bei 13 Grad im November, an einem sonnigen Tag. Da kam ich mir schon vor wie eine Heldin! Der erste Eisschwimmwinter war etwas unkoordiniert und unregelmäßig. Aber letztes Jahr, der Winter 2016/17, der war mein Eisschwimmwinter. Jede Woche seit Ende September 2016 war ich im immer kälter werdenden Wasser. Fiel mir anfangs das Reingehen noch schwer, war ich zögerlich und habe es manchmal nicht geschafft unterzutauchen, so lief es in diesem Winter prima. Hinradeln, umziehen, reingehen, schwimmen, rausgehen, fertig. Und natürlich das Kribbeln, die Heiß-Kalt-Wellen und die Glückshormone. Tipps für Nachahmer habe ich auch gleich zusammengefasst.
Kürzlich habe ich das Bild vom ersten Eisschwimmversuch zufällig wieder gesehen. Und da kam mir in den Sinn: Es ist alles eine Frage der Haltung! Schon rein äußerlich. Wie verkrampft ich da stehe. Als ob es wärmer würde, nur weil ich die Schultern zu den Ohren ziehe … und natürlich und vor allem ist es eine Frage der inneren Haltung. Ja, das Wasser ist kalt. Und ja, ich MUSS da nicht reingehen. Ich mache das freiwillig. Ich bereite mich mental darauf vor. Ich freue mich darauf. Wirklich! Vor allem die mentale Vorbereitung ist wichtig. Das macht den Moment des Reingehens entspannter. Ich weiß, was mich erwartet. Es wird kalt, dann schlägt mein Herz schneller. Dann beruhigt es sich, dann schwimme ich ruhiger. Und dann wird es irgendwann wirklich kalt und ich gehe wieder raus.
Auch noch locker beim Rausgehen: Eisschwimmerin mit Erfahrung. Weil’s schön ist!
Natürlich ist mir danach kalt. Und ich hab auch schon geflucht beim Heimradeln, weil Finger und Füße fast taub waren vor Kälte. Aber irgendwann ist mir wieder warm. Bisher ist mir immer wieder warm geworden! Vielleicht ist es ein bisschen wie mit dem Alkohol. Manch‘ einer schwört nach einem schlimmen Kater, niiieeee wieder zu trinken. Um es dann doch zu tun. Weniger vielleicht. Oder mehr essen. Oder keinen Durcheinander trinken. So ist’s auch beim Eisschwimmen. Kürzer schwimmen. Oder nicht bei Ostwind, der mich auf der Heimfahrt zusätzlich auskühlt. Einen heißen Tee mitnehmen. Solche Sachen …
Eine Beobachtung in Sachen „Kopfsache“ möchte ich noch erzählen: Einmal, als ich in der Sauna war, habe ich am Kaltwasserbecken im Außenbereich ein Pärchen beobachtet. Er ist recht lässig die kleine Leiter hinuntergegangen und kurz hin- und hergeschwommen. Sie hatte schon auf dem Weg zum Becken gesagt, dass das Wasser kalt ist und sie es sicher nicht schafft, da reinzugehen. Er hatte ihr gut zugeredet, deshalb versucht sie ihr Glück. (Dazu muss man sagen, dass die Luft abends auch kühl war). Jedenfalls steht sie gekrümmt vor Kälte an der Leiter, geht die Stufen vorsichtigst hinab, um dann all ihren Mut zusammenzunehmen und kurz bis zu den Schultern unterzutauchen. Und schwupps, war sie schon wieder draußen und ins Handtuch gewickelt. Das war eine Sache von Sekunden! Und ich, alte Eisschwimmerin, höhö, dachte mir: Wenn sie ganz ehrlich zu sich gewesen wäre: Sie hat die Kälte am Körper nicht gespürt. Das war alles nur vom Kopf. Weil so kurz, wie sie untergetaucht war, konnte das Gehirn noch gar nicht auf die neue Information reagieren. Die Info, dass es kalt war, war vorher schon da.
Es ist wie ganz oft im Leben eine Frage der Einstellung und Haltung. Es muss nicht jeder zum Eisschwimmer werden. Aber wenn ich gefragt werde, wie ich das mache, sage ich: mentale Vorbereitung. Und Vorfreude! Und dann einfach machen … weil’s so schön ist. Immer wieder.
Ein Unterschied wie Tag und Nacht, finde ich!