Monatsarchiv: Februar 2018

Harmonie im Schwimmbecken 

Eine volle Schwimmerbahn muss nicht immer heißen, dass es chaotisch ist. Leider gilt auch umgekehrt: Kaum Leute auf der Bahn verspricht nicht automatisch Ruhe und Harmonie. Aber widmen wir uns mal der schöneren Variante: Bahn voll, trotzdem läuft’s.

Zum Beispiel am Samstag. Schönster Sonnenschein, blauer Himmel, eisige Temperaturen samt Ostwind. Definitiv kein Wetter zum Eisschwimmen für mich. Aber Sonne wollte ich, deshalb habe ich mich ins Dantebad gewagt. Ja, gewagt! Denn bei dem Wetter war mir klar, dass ich nicht die einzige sein werde, die hier schwimmen will. Und ja – es waren viele Schwimmer da. Auf allen drei Bahnen und auch im restlichen Becken. „Naja, das war klar“, denke ich mir und schwimme los. Ich bleibe entspannt, schließlich weiß ich ja, worauf ich mich eingelassen habe. Zu meiner großen Überraschung läuft es aber recht harmonisch ab. Irgendwie sind nur Leute da, die wissen, wie man sich in der Masse verhält. Ganz selten kommt es zu knappen Überholmanövern (auch im Gegenverkehr), aber das lässt sich kaum vermeiden bei der Menge an Schwimmern. Und so kommt’s, dass ich relativ ungestört meine Bahnen ziehen kann und sowohl das Schwimmen als auch die Sonne genießen kann.

Im Sommer hatte ich bei weniger Leuten, dafür unterschiedlichen Geschwindigkeiten, ein ähnlich gutes Erlebnis: Einer dieser heißen Sommertage, an denen ich eh mit allem rechne, aber nicht damit, im Freibad in Ruhe schwimmen zu können.

IMG_3053

Schwimmen im Dantebad (Archivbild)

Aber Wunder gibt’s immer wieder und so geschah es, dass in der Schwimmerbahn nur vier Leute waren, als ich kam. Zwei ältere Herren und zwei sehr sportliche. Ich habe letztere von weitem gesehen. Sie waren offensichtlich am Trainieren.

Nachdem ich mich eingeschwommen hatte, frage ich die zwei, ob sie gerade Intervalle machen und ob sie gleich starten. Weil ich ja langsamer bin. Sie meinen, dass es noch dauert und ich gern losschwimmen kann. Und was kann ich sagen? Es lief die ganze Zeit (fast eine Stunde) äußerst harmonisch ab. Es schien, als suchten sie Lücken, damit sie nicht überholen müssen. Kam ich an die Wende, habe ich kurz geschaut, ob sie vielleicht grad starten und ihnen Vorrang gegeben (überholen ist ja immer doof). Manchmal mussten sie aber unterwegs doch mal überholen. Das haben sie aber sehr rücksichtsvoll getan. Ich habe kaum gemerkt, dass sie an mir vorbeigeschwommen sind oder mir entgegen kamen. Das war echt toll und zeigt, dass es auch anders geht. Sollte öfter so sein.

 

 


Eis-Eisschwimmen

Gestern, an meinem persönlichen Eisschwimm-Jubliläumstag, war ich natürlich auch Eisschwimmen. Schönster Sonnenschein in München, eisige Temperaturen, nur ein leichter Nordostwind. Wunderbar, ab aufs Radl und raus an den Langwieder See geradelt. Den ganzen Vormittag hatte ich mich schon darauf gefreut (so viel zu der Frage, wieso ich das mache und ob ich mich vorbereite). Und ich war neugierig, denn am Dienstag hatte ich auf dem Olympiasee eine Teil-Eisschicht gesehen, am Wochenende war auch der halbe Nymphenburger Schlosskanal mit Eis bedeckt. Wie wohl die Lage am Langwieder See ist?

Daaaa! Eis! Auf! Dem! See!

Sie ist gut. Erstens: schneefreie Wege zum Radln. Zweitens: keine bzw. kaum Leute. Drittens: Auf dem See sind vereinzelt Eisflächen! Der Uferbereich ist eisfrei, weiter draußen zeigt sich eine Schicht. Juhu! Das ist dann schon allein vom Anschauen her ganz was anderes als ohne Eis.

Und auch da ist Eis zu erkennen. Das Ufer am Langwieder See ist frei.

Das Reingehen klappt ganz prima, ich gehe bis zu den Oberschenkeln, auf einmal ist es etwas tiefer und und der Badeanzug ist nass. Dann tauche ich unter und schwimme los. Kalt, aber gut. Yeah! Allerdings ist es dann wirklich kalt. Bbbbrrr. Ich schwimme am Ufer entlang, die paar Meterchen, kehre um, schwimme zurück zu der Stelle, an der ich ins Wasser bin. Schaue aufs Thermometer. Was? 5 Grad? Never-ever! Aber das Kinderbadewannenthermometer schwimmt auf der Wasseroberfläche, auf die die Sonne scheint. Angefühlt hat es sich kälter.

Ich schwimme noch die paar (Zenti-)Meter zu meinen Schuhen. Raus. Puh. Frischer Wind. Fix ins Handtuch einwickeln, vorsichtig abtrocknen. Schön! Heiß-Kalt-Schauer durchströmen meinen Körper. Ich habe sogar noch ein Gefühl in den Fingern. Kann mein T-Shirt überziehen und dann in den Poncho schlüpfen. Der ist dunkelblau, also etwas von der Sonne angewärmt, und schützt vor dem feinen Wind. Dann ziehe ich mich weiter an. Blicke auf den See, der sich im Sonnenlicht spiegelt. Die Enten, die rumschwimmen und keine kalten Füße oder einen kalten Bauch bekommen. Ich trinke meinen heißen Tee (Rooibos-Chai, mit Gewürzen, der wärmt doppelt). Ich genieße die Stimmung noch ein bisschen, mir ist nicht kalt. Irgendwann ist es aber Zeit zu gehen. Und so trete ich den Heimweg an.

Im Gegenlicht ist das Eis schwer zu erkennen. Aber es ist da.

Die Enten dachten wohl, bei mir gibt’s was zu futtern. Aber nein, ich war schwimmen. Wie sie auch.

Und da ist es richtig kalt. Ich muss Richtung Osten fahren, immer dem fiesen, feinen Ostwind entgegen. Hinzu kommt mein Fahrtwind. Meine Hände, Füße und das Gesicht werden kalt. Richtig kalt. So kalt war mir nicht, als ich aus dem Wasser gekommen bin. Da denke ich mir: So gut ist Heimradeln dann auch wieder nicht.


Drei Jahre Eisschwimmen

Am Valentinstag 2015 war es soweit: mein erstes Date mit dem Eisschwimmen. Was soll ich sagen? Liebe auf den ersten Blick war es nicht gerade … Es war ein kalter, neblig-windiger Tag in Mittelfranken, der Große Rothsee war halb mit Eis bedeckt. Wir waren am Großen Rothsee, weil der kleine komplett zugefroren war. Eisschwimmer-Probleme halt. Warum war ich da? Weil ich neugierig war und weil ich das große Glück habe, mit meiner Neugier Geld verdienen zu dürfen. Deshalb habe ich Sabine und Norbert besucht, weil ich einen Radiobeitrag übers Eisschwimmen machen wollte. Sabine und ihre eiskalte Leidenschaft kannte ich aus Facebook (bekanntlich die Seite im Netz für Verrückte aller Art).

 

Während sich Sabine aus- und umzieht, nehme ich alles mit meinem Mikrofon auf. Meine Finger sind schon ganz kalt, aber als Sabine schwimmt, will ich es selbst probieren. Schließlich hat es mich ja interessiert, wie das so ist mit dem kalten Wasser und überhaupt. Also ziehe auch ich mich um und stehe dann nur noch mit Badeanzug und Badekappe da. Norbert hat das Mikrofon übernommen und hat Sabine, die an der Eiskante mit ihrer Boje ihre Bahnen zieht, und mich am Ufer im Blick. Und was kann ich sagen? Weit bin ich nicht gekommen. Das Wasser hatte keine zwei Grad, der fiese kleine Nebelwind war kalt auf der Haut und ich war total verkrampft. Wie man auch auf dem Bild sieht.

Typische Haltung unerfahrener Eisschwimmer: Mir ist kalt!

Bis zu den Knien habe ich es geschafft – dann war Schluss! Eigentlich eine ganz ordentliche Leistung, so ganz ohne Vorbereitung. Aber eigentlich auch nicht befriedigend.

Deshalb habe ich dann beschlossen, das Ganze im Herbst langsam angehen zu lassen. Bei 13 Grad im November, an einem sonnigen Tag. Da kam ich mir schon vor wie eine Heldin! Der erste Eisschwimmwinter war etwas unkoordiniert und unregelmäßig. Aber letztes Jahr, der Winter 2016/17, der war mein Eisschwimmwinter. Jede Woche seit Ende September 2016 war ich im immer kälter werdenden Wasser. Fiel mir anfangs das Reingehen noch schwer, war ich zögerlich und habe es manchmal nicht geschafft unterzutauchen, so lief es in diesem Winter prima. Hinradeln, umziehen, reingehen, schwimmen, rausgehen, fertig. Und natürlich das Kribbeln, die Heiß-Kalt-Wellen und die Glückshormone. Tipps für Nachahmer habe ich auch gleich zusammengefasst.

Kürzlich habe ich das Bild vom ersten Eisschwimmversuch zufällig wieder gesehen. Und da kam mir in den Sinn: Es ist alles eine Frage der Haltung! Schon rein äußerlich. Wie verkrampft ich da stehe. Als ob es wärmer würde, nur weil ich die Schultern zu den Ohren ziehe … und natürlich und vor allem ist es eine Frage der inneren Haltung. Ja, das Wasser ist kalt. Und ja, ich MUSS da nicht reingehen. Ich mache das freiwillig. Ich bereite mich mental darauf vor. Ich freue mich darauf. Wirklich! Vor allem die mentale Vorbereitung ist wichtig. Das macht den Moment des Reingehens entspannter. Ich weiß, was mich erwartet. Es wird kalt, dann schlägt mein Herz schneller. Dann beruhigt es sich, dann schwimme ich ruhiger. Und dann wird es irgendwann wirklich kalt und ich gehe wieder raus.

Auch noch locker beim Rausgehen: Eisschwimmerin mit Erfahrung. Weil’s schön ist!

Natürlich ist mir danach kalt. Und ich hab auch schon geflucht beim Heimradeln, weil Finger und Füße fast taub waren vor Kälte. Aber irgendwann ist mir wieder warm. Bisher ist mir immer wieder warm geworden! Vielleicht ist es ein bisschen wie mit dem Alkohol. Manch‘ einer schwört nach einem schlimmen Kater, niiieeee wieder zu trinken. Um es dann doch zu tun. Weniger vielleicht. Oder mehr essen. Oder keinen Durcheinander trinken. So ist’s auch beim Eisschwimmen. Kürzer schwimmen. Oder nicht bei Ostwind, der mich auf der Heimfahrt zusätzlich auskühlt. Einen heißen Tee mitnehmen. Solche Sachen …

Eine Beobachtung in Sachen „Kopfsache“ möchte ich noch erzählen: Einmal, als ich in der Sauna war, habe ich am Kaltwasserbecken im Außenbereich ein Pärchen beobachtet. Er ist recht lässig die kleine Leiter hinuntergegangen und kurz hin- und hergeschwommen. Sie hatte schon auf dem Weg zum Becken gesagt, dass das Wasser kalt ist und sie es sicher nicht schafft, da reinzugehen. Er hatte ihr gut zugeredet, deshalb versucht sie ihr Glück. (Dazu muss man sagen, dass die Luft abends auch kühl war). Jedenfalls steht sie gekrümmt vor Kälte an der Leiter, geht die Stufen vorsichtigst hinab, um dann all ihren Mut zusammenzunehmen und kurz bis zu den Schultern unterzutauchen. Und schwupps, war sie schon wieder draußen und ins Handtuch gewickelt. Das war eine Sache von Sekunden! Und ich, alte Eisschwimmerin, höhö, dachte mir: Wenn sie ganz ehrlich zu sich gewesen wäre: Sie hat die Kälte am Körper nicht gespürt. Das war alles nur vom Kopf. Weil so kurz, wie sie untergetaucht war, konnte das Gehirn noch gar nicht auf die neue Information reagieren. Die Info, dass es kalt war, war vorher schon da.

Es ist wie ganz oft im Leben eine Frage der Einstellung und Haltung. Es muss nicht jeder zum Eisschwimmer werden. Aber wenn ich gefragt werde, wie ich das mache, sage ich: mentale Vorbereitung. Und Vorfreude! Und dann einfach machen … weil’s so schön ist. Immer wieder.

Ein Unterschied wie Tag und Nacht, finde ich!