Monatsarchiv: April 2020

Wasser marsch!

Jetzt ist es soweit: Kein Wasser. Zumindest nicht im Freibad und nicht in absehbarer Zeit. Ich hatte es ja fast befürchtet. Manno! Jetzt, wo das Wetter so schön ist. Jetzt, wo die Sehnsucht echt groß ist! Fünf Wochen an Land! Das muss man sich mal vorstellen! Fünf mal sechs Tage ohne Wasser. 30 Tage! Hallo?? Das hatte ich nicht mal nach meinem Unfall. Und da war immerhin Besserung in Sicht. Und jetzt? Vor lauter Panik und Angst bleiben Sportstätten geschlossen. Sogar Stege an den Seen sind gesperrt. Hoch ansteckend, so ein paar Holzplatten auf dem Wasser. Unfassbar.

Hochansteckend, so ein Steg!

Ja, schon klar – die Ansteckung geht von den Menschen aus, die hier in Horden rumsitzen. Aber haben wir in den letzten fünf Wochen nicht alle gelernt, dass es wichtig ist, Abstand zu halten? Ich hoffe doch, dass die meisten Mitmenschen das inzwischen wissen und sich nicht eng an eng aneinander quetschen (was ich persönlich ja schon immer besser fand, aber als „seltsam“ galt).

Alles meins, keiner da!

Das Radln macht nach wie vor Spaß, meine Ortskenntnis im nördlichen Outback von München erhöht sich. Zum Glück spielt das Wetter noch mit. Denn Radln ist sehr wetterabhängig, ganz anders als Schwimmen. Allerdings stelle ich auch Parallelen fest: Inline-Skater sind die Brustschwimmer des Radlfahrers: schwer einzuschätzen, gehören irgendwie nicht dazu und sind immer im Weg. Vorteil vom Radlfahren: Man hat eine Klingel, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch der Schein trügt, nicht immer wird man gehört. Immerhin sind die „Hindernisse“ überholt und tauchen nicht nach 50 Metern wieder auf … Galgenhumor!

Bayern wie im Klischee: der Starnberger See, im Hintergrund die Alpen im Dunst

Heute habe ich es nicht mehr ausgehalten ohne Schwimmen. Deshalb bin ich vormittags zum Starnberger See gefahren. Vorteil von Corona: Weniger Autoverkehr, immerhin. Und am See zum Glück nur ein anderer Mensch. Ich halte ja, siehe oben, eh gern Abstand. Also kein Problem. Der Steg ist zwar gesperrt, ins Wasser kommt man trotzdem.

Bestes Wasser!

Das ist angenehm klar und kühl, aber nicht zu kalt. Ich gehe rein, es ist echt schön! Weil ich vom Radln etwas aufgehitzt bin, warte ich ein bisschen, dann tauche ich unter. Schööööön! Ich schwimme Oma-Brust, einmal um den Steg herum. Das Wasser ist kühl, ich merke, wie mein Atem schneller geht. Aber es ist gut auszuhalten, außerdem könnte ich hier überall stehen, das Wasser ist flach. Und so schwimme ich die paar Meterchen um den Steg. Beim Rausgehen ist mir ganz wohlig, und als ich das Handtuch um mich wickle, kribbelt es. Es ist nicht so heftig wie im Winter, dafür ist das Wasser schon zu warm und auch die Luft ist fast schon sommerlich. Aber es ist schön! Ich genieße den Blick aufs Wasser und die Alpen, die im Dunst zu erkennen sind.

Schön war’s! (Und irgendwann schaffe ich es auch, ein gutes Selfie zu knipsen!)

Dann ist es schon wieder Zeit zum Aufbruch. Beim Radln ist mir nicht kalt, aber ich fühle mich erfrischt. Gestärkt. Es ist zwar nicht mit dem Bahnenschwimmen im Schwimmbad zu vergleichen, aber sehr schön.

Auf die Freibad-Saison möchte ich dennoch nicht verzichten. Es wäre wirklich unglaublich, wenn wir heuer überhaupt nicht ins Freibad könnten!

Diesen Spruch von Benjamin Franklin sollten wir uns alle zu Herzen nehmen. Es gibt keine Vollkaskoversicherung fürs Leben …


Fisch mit Fahrrad

Drei Wochen ohne Wasser. Drei Wochen ohne Schwimmen. Drei Wochen ohne Chlor. Drei Wochen duschen zuhause. Klingt dramatisch – ist es aber gar nicht! Ich muss zugeben, ich bin selbst erstaunt. Zum einen, weil die Dusche daheim funktioniert (ok… daran habe ich auch nicht gezweifelt), zum anderen, weil es mir eigentlich ganz gut geht damit.

Natürlich vermisse ich das Schwimmen, meine Routine, den Flow und das Treffen von Freunden und Bekannten. Aber ich habe mich erstaunlich schnell an die neue Situation gewöhnt. Das frühlingshafte Wetter hat daran sicher einen großen Anteil. Und zum Glück dürfen wir in Bayern ja (anders als in Italien zum Beispiel) raus an die frische Luft und Sport machen. Und das bietet sich ja an, wenn die Sonne scheint und kaum Wind weht. Schon in der ersten Woche habe ich das Rennrad aus dem Keller geholt und die ein oder andere Runde gedreht. Da hat es sich aber noch nach „Trotz“ angefühlt, ich wollte es mir schön reden, dass ich mal nicht in die Halle „muss“, sondern tatsächlich das Frühlingswetter nutze. Zwischendrin war’s dann wieder ziemlich kalt, mit Nachtfrost und eisigem Ostwind tagsüber. Aber jetzt ist der Frühling da und ich muss sagen, dass ich ganz zwang- und trotzlos das Rennradfahren genieße.

Ich lasse mir den Fahrtwind um die Nase wehen, ich freue mich über die wärmenden Sonnenstrahlen, ich rieche die Frühlingsluft (und kaum Abgase, weil tatsächlich weniger Verkehr ist) und freue mich an der bunten Blütenpracht. Ich rolle dahin und fühle mich fast ein bisschen wie im Urlaub. Denn die alte „Zeitrechnung“ ist größtenteils aufgehoben: Es gibt keinen heftigen Feierabendverkehr, den ich meiden will. Und wie auch im Urlaub dauert es zwei, drei Tage, bis ich mich an den anderen Tagesablauf gewöhne und es genießen kann. Einziger Unterschied: Im Urlaub will ich aus meinem Trott gerissen werden, jetzt wurde ich sozusagen staatlich verordnet aus dem Trott gerissen. Es tut mir gut. Ich kann es genießen – eine neue Form von Freiheit. Ironischerweise. Denn gerade das ist ja eingeschränkt: unsere Freiheit.

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Im Hallenbad hätte ich das nicht gesehen!

Aber wenn ich ehrlich bin, war es manchmal schon zwanghaft, das mit dem Schwimmen. Und einfach Routine, wie zur Arbeit gehen. Das macht man ja auch, ohne es zu hinterfragen. Vielleicht habe ich das auch mal gebraucht, um zu sehen, dass ich nichts verpasse, wenn ich mal nicht schwimmen gehe. Dass auch andere Sachen Spaß machen, dass Schwimmen nicht per se das „bessere Angebot“ ist.

Ok, jetzt ist es natürlich auch „unnatürlich“, denn ich kann ja gar nicht schwimmen gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es SICHER ganz leer ist, wenn ich grad mal nicht im Bad bin. (Ich weiß, dass es ganz leer ist.. hihi). Es ist schwer in Worte zu fassen. Aber ich bin froh, dass ich für mich einen Weg gefunden habe, mit der neuen und seltsamen Situation umzugehen. Sorgen mache ich mir natürlich schon, vor allem darum, wie es „nach Corona“ weitergeht. Wird es viele Arbeitslose geben? Werden liebe Menschen schwer krank werden? Was ist mit unserer Demokratie? Freiheit? Sicherheit? Reisen? Wann wird es wieder „normal“ werden? Und natürlich auch: Werden die Bäder wieder öffnen? Denn ganz ehrlich: Die Freibadsaison steht vor der Tür, ein Sommer ganz ohne Schwimmen, das ist schwer vorstellbar!

Aber wie heißt es so schön: Von allen Sorgen, die ich mir machte, sind die meisten nicht eingetroffen.“ Das ist von Sven Hedin, einem schwedischen Entdeckungsreisenden. Stand mal auf meinem Kalender. Und das ist doch ein gutes Motto – gerade jetzt.