Monatsarchiv: April 2021

Schwimmen im Schmelzwasser

Ende März war es schon richtig schönes Wetter: warm, sonnig, windstill. Das Wasser im Regattabadesee hatte 11 Grad, das hat sich schon richtig gut angefühlt – auch an den eher wolkigen Tagen. Ich bin auch schon etwas länger geschwommen – 8 bis 9 Minuten.

Trotz Wolken war es schon schön warm im Wasser

Ostern war ich im Tegernsee schwimmen. Dass der Tegernsee kälter sein wird, war mir klar. Schließlich ist das ein natürlicher See im Voralpenland mit sieben Zuflüssen aus den Bergen, auf denen noch ziemlich viel Schnee liegt.

Auf den Bergen um den Tegernsee liegt noch Schnee

Das Wetter ist zwar nicht mehr so frühlingshaft wie Ende März, aber mit Sonnenschein erreichen die Temperaturen an Land etwa 10 Grad. Als ich meinen Fuß ins Wasser setze, merke ich schon, dass es kalt ist. Und damit meine ich: richtig kalt. Ich tauche unter und schwimme los. Und da spüre ich, wie meine Zehen kalt werden. Obwohl es im Regattabadesee bisher auch nur ein paar warme Tage gab, habe ich schon fast vergessen, wie das ist. Und auch am restlichen Körper merke ich, wie kalt sich das kalte Wasser anfühlt. Das Wasser fühlt sich auch hart an, fast griffig … Und ich habe den Eindruck, dass ich die Schneeschmelze spüren kann! Das Wasser fühlt sich für mich so an, als würde hier, direkt neben mir, ein Schneehaufen schmelzen, und ich würde in diesem Schmelzwasser schwimmen.

Ich schwimme im Schmelzwasser

Irgendwann schaue ich auf mein Thermometer: Das Wasser ist 6 Grad kalt. Es fühlt sich genauso an! Das Schwimmen ist trotzdem schön und als ich nach 5 Minuten wieder an Land bin, durchläuft mich ein ganz hervorragendes Kribbeln! Ein richtiger Kick – das hatte ich lange nicht. Die Lebensgeister sind am Tanzen, eine Flut von Glückshormonen jagt die nächste. Wahnsinn, so intensiv!

Schleierwolken machen eine fast mystische Stimmung

Inzwischen macht der April, was er will. Es ist ziemlich kalt, die letzten beiden Tage hat es geschneit, der Schnee ist sogar kurz liegengeblieben, dazu ein ziemlich strammer Wind, der die Flocken durcheinander wirbelt. Und ich? Ich habe keine Lust mehr, bei so einem miesen Wetter zu schwimmen. Denn mit dem Wind an Land ist mir nach dem Schwimmen wieder so fies kalt, ich habe das Gefühl, dass ich das momentan nicht mehr aushalten kann. Und weil ich meine eigene „Challenge“ mit den 50 Tagen ja beendet habe, fühle ich mich „frei“. Blöd, oder?

Inzwischen ist auch eine andere Challenge beendet: Ich habe an einer 30-tägigen Yoga-Challenge teilgenommen. Da gab’s eine Liste mit Videos, die wir in einer Facebook-Gruppe gemeinsam gemacht haben. Da waren einfache Einheiten dabei, aber auch anspruchsvolle. Ich bin ziemlich stolz auf mich, dass ich alle Yoga-Einheiten gemacht habe. Und bei den schwierigen nicht sofort an mir gezweifelt habe – sondern so gut es ging mitgemacht habe. Außerdem habe ich mir vorgenommen, einige dieser Sequenzen nochmal auszuprobieren. Denn oft hängt es von der Tagesform ab, wie gut es gelingt, wie stabil ich bei Balanceübungen stehen kann. Was immer gut funktioniert, sind die Dehnungen. Das heißt für mich: Ich bin beweglich, aber an der Stabilität sollte ich noch arbeiten. Das hilft dann auch beim Schwimmen – wenn das mal wieder „normal“ möglich ist.

Das Video hat mich ziemlich gefordert, deshalb werde ich es nochmal versuchen …

Winterbilanz – oder warum der Schäferhund schuld ist

Eigentlich ist ein Schäferhund schuld daran, wie mein Winterschwimmen verlaufen ist. Es war Mitte Dezember, ziemlich schönes Wetter. Am See mutmaßlich viele Menschen, beim Spazierengehen in der Stadt auch. Deshalb schwang ich mich auf mein Stadtradl, um ein paar Kilometer Richtung Fürstenfeldbruck zu rollen. Der erste Teil des Weges ist identisch mit der Strecke zum Langwieder See, meinem eigentlichen Winterschwimmstandort. Und dann passiert leider das, wovor ich immer Angst hatte: Ein Hund – ein Schäferhund! – jagt hinter mir, neben mir her. Keine Chance, das Riesenvieh abzuschütteln, immer wieder kreuzt er knapp vor meinem Rad, um die Seite zu wechseln. Ich habe pure Angst, Panik, versuche schneller in die Pedale zu treten. Schreie das Frauchen an, das immer weiter weg ist, dass sie ihren Hund zurückrufen soll. Aber nichts passiert. Mann! Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dem Hund zum Glück zu blöd, er kehrt um – ich bin total außer Atem. Weniger wegen der körperlichen Anstrengung, eher wegen der Panik. Ich weiß bis heute nicht, ob der Hund „nur spielen“ wollte oder ob er mich tatsächlich gejagt hat. Ich kenne mich mit Hunden nicht aus, ich kann das nicht einschätzen. Jedenfalls hatte ich dann ziemlich große Panik, diesen Weg wieder zu fahren. Unlogisch, ich weiß! Wie oft bin ich da schon geradelt und es war nichts. Aber mei, wir Menschen sind oft nicht rational.

Jedenfalls bin ich dann zum Regattabadesee gefahren, weil das eine andere Strecke ist. Es ist aber auch weiter entfernt, dafür gibt es aber die DLRG-Hütte, an der man etwas wettergeschützt ist. Und zu ungefähr der Zeit habe ich auch den Plan gefasst, immer fünf Minuten schwimmen zu wollen. Weil es mir leichter fällt, wenn ich einen konkreten Plan habe.

Sehr luxuriös kann man sich hier wettergeschützt umziehen

Wer meinen Blog hier regelmäßig liest, weiß, dass ich das von da an durchgezogen habe. Ausgebremst wurde ich nur durch das Wetter oder die Straßenverhältnisse. Aber irgendwann war mir auch das egal – da konnte mich nur noch eine komplette Eisschicht vom Schwimmen abhalten. Jedes kleine Eisloch wurde genutzt, zum Glück war es fast immer so groß, dass ich zumindest etwas hin- und herschwimmen konnte, denn nur „baden“ ist mir zu fad – das habe ich auch mal ausprobiert.

Hier hat jemand das Eis aufgehackt. Immerhin!

Jetzt ist der 2. April – genau 5 Monate sind die Bäder nun schon geschlossen. Und ich war in diesen 7 Monaten an 119 Tagen schwimmen! Also war ich nur an 31 Tagen nicht. Hehe! Außerdem war ich 61 Tage in Folge schwimmen – den kompletten Februar und auch im März war ich jeden Tag –  nur gestern, am 1. April, nicht. Denn da war das Wetter so schön sommerlich, dass ich tatsächlich lieber eine erste Rennradrunde drehen wollte.

Denn das Wetter ist auch so eine Geschichte in meiner Bilanz. Es war im Februar schon mal fast sommerlich und dann kam der März und mit ihm echt scheußliches Schneeregenwindwinterbähwetter. Sogar meine Thermometerschnur ist nochmal gefroren, so kalt war es an Land!

21. März – die Thermometerschnur ist gefroren

Im Finnischen gibt’s dafür einen Ausdruck: Taka-Talvi – der Winter schlägt zurück. Und das – muss ich zugeben – hat ganz schön an meinen Nerven und meiner Moral gezehrt. Ich wollte meinen Plan mit den 50 mal in Folge nicht aufgeben und ich wollte nicht fad zuhause sitzen und deshalb bin ich bei scheußlichem Wetter zum See gefahren, um beim Heimradln zu frieren, schlimmer als im Winter. Noch nie hatte ich mich so über besseres Wetter gefreut. Und diese Woche war’s dann wirklich schön und warm und sonnig.

Fast schon sommerlich!

Und auch das Wasser im See ist inzwischen recht warm – 9 Grad am Montag, bei leichtem Wind, am Dienstag auch und heute trotz Wolken und wieder etwas kühleren Temperaturen 11 Grad – wie die Luft auch. Da ist das Schwimmen gleich ganz anders! Als es am Dienstag so schön warm war, bin ich gleich eine längere Strecke geschwommen, so herrlich war es. Vom Steg zu der Bank, die bei vereistem See auch schon meine „Basis“ war.

Als am Steg alles zugefroren war, musste ich hier schwimmen. Inzwischen ist das Wasser warm genug, dass ich vom Steg bis hierher schwimmen kann!

Und am Mittwoch dann vom Steg in die andere Richtung, zur Birke und von da weiter immer am Ufer entlang bis zum Ende der Bucht und zurück. Beide Male waren es 8 bis 9 Minuten. Als ich wieder am Steg bin, könnte ich zwar weiterschwimmen, mag aber nicht mehr. Nur Brust ist auf Dauer auch fad, aber ich trau mich noch nicht, den Kopf unterzutauchen.

Und dann komme ich auch wieder ins Zweifeln. Denn in der Facebook-Schwimmgruppe und auch am See sind einige, die jetzt deutlich länger schwimmen als ich – ebenfalls nur in Badebekleidung. Bin ich ein Weichei? Bin ich faul? Zu zaghaft? Zu vorsichtig? Bin ich nicht motiviert genug? Oder ist es pure Eitelkeit? Weil ich ja im Winter, bei schlechtestem Wetter, immer tapfer war und durchgehalten habe? Steht es mir da nicht zu, dass ich auch weiterhin „voran“ gehe? Oder sollte es mir egal sein? Nach dem Motto: Mir reicht, dass ich weiß, dass ich könnte, wenn ich wollte? Und weiß ich das?

Mal ein anderer Blickwinkel

Und noch eine Bilanz gibt es: Radln! Ich bin ja immer zum See geradelt. Das hat mir auch mal wieder gezeigt, dass ein Auto doch zur Trägheit verleitet. Denn zweimal habe ich das Angebot, dass ich mitfahren kann, angenommen. Denn das Wetter sah nicht gut aus, als ich meine Sachen gepackt habe und auch die Wetterapp mit Regenradar verhieß keine Verbesserung. Tatsächlich war’s dann aber besser als vorhergesagt und man hätte durchaus radln können. Und ganz ehrlich: Wenn ich das Angebot nicht gehabt hätte, wäre ich auch geradelt. Deshalb kommt jetzt zu der eher mäßigen Ausbeute an Schwimmmetern eine ansehnliche Summe an Radlkilometern. Im 1. Quartal sind es ungefähr 1.550 Kilometer (manchmal musste ich die letzten 2 Kilometer wegen Eisglätte zu Fuß gehen) – und das sind nur die Wege zum See und zurück. Alle anderen Wege (wobei das echt wenig ist) kommen noch dazu.

Sieht vielleicht nicht so schön aus, aber zum Schwimmen war’s herrlich!

Tja und heute, Karfreitag, 2. April, war es eben wolkig, 11 Grad warm und windstill. Kein Sommerbadewetter, aber das Schwimmen war trotzdem – oder gerade deshalb? – superschön! Das Wasser fühlte sich warm und seidig an. Weder kalte Finger, noch kalte Füße – und das, obwohl keine Sonne auf mich schien. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt, nur meine Wellen haben sie gekräuselt. Ich bin wieder zu der Bank geschwommen und musste daran denken, wie ich mir hier vor nicht allzu langer Zeit einen Weg durch die dünne Eisschicht bahnen musste, um zu der eisfreien Stelle zu gelangen, in der ich dann hin- und hergeschwommen bin – zu dem Klang der dünnen Eisstücke, die sanft aneinanderschlugen und dabei so herrlich klirrten!

Mein Fazit: Es war ein sehr abwechslungsreicher und auch abenteuerlicher Winter. Ich bin bei jedem Wetter geschwommen. Wind mag ich immer noch nicht, Schneeflocken sind schön, wenn sie weich und dick sind. Am schönsten war es aber an diesem eisigkalten, sonnigen Samstag, als der Himmel blau war und der Schnee geglitzert hat! Das war ein Tag wie im Winterbilderbuch und ein ganz eindrückliches Erlebnis, das ich nicht missen möchte.

Schnee mit Eiskristallen
Kalt, aber super!

Und wer weiß, wie es gekommen wäre, hätte mich der Schäferhund an dem Tag Mitte Dezember nicht gejagt? Wäre ich dann vielleicht weiterhin zum Langwieder See gefahren? Keine Ahnung. Mir gefällt es ganz gut, wie es dann gekommen ist. Mit netter Gesellschaft am Regattabadesee, bekannte Gesichter zu sehen, einen kurzen Ratsch zu halten, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Das ist gerade in diesen seltsamen, kontaktarmen Zeiten sehr wertvoll.

Und: Nicht zu vergessen! Meine Freundin Diana, die sehr oft mit zum See geradelt ist, auch ohne zu schwimmen. Aber es war schön, dass wir diese Tage so oft gemeinsam genießen konnten! Und manchmal war sie auch eine wichtige moralische Stütze, wenn das Wetter eigentlich zu mies zum Schwimmen gewesen wäre.