Monatsarchiv: Juni 2015

Open Water – again!

Ich hab’s schon wieder getan. Ich war im See schwimmen. Und zwar nicht „Planschi-Omi-Spaß-Schwimmen“, sondern kraulen. So richtig.
Netterweise hat mich Lutz mitgenommen. Der „Wasserfrosch“ hat sich 25 Seen im Münchner Umland vorgenommen, die er erschwimmen will. In seinem Blog gibt’s eine Liste und Einträge dazu. Wir kennen uns eigentlich nicht. Und irgendwie doch. Wir sind beide in der Facebook-Gruppe „Bist du heute schon geschwommen?“. Irgendwie toll, wenn aus virtuellen Freunden echte Menschen werden. Wir teilen immerhin zwei Hobbys: Schwimmen und Bloggen.
Auf der Fahrt zum Pilsensee im Fünfseenland führten wir interessante Gespräche.
Lutz bereitet sich auf seine Seen immer gut vor. Er schaut sich das Gewässe in Google Earth an. Wo kann man parken? Wo kann man in den See? Welche Strecken bieten sich an? Wie lang sind die Strecken zum Schwimmen? Sehr schön, dass ich davon profitieren durfte.
Pilsensee
Außerdem hat mir Lutz seine Boje geliehen. Und dann ging’s schon los. Die erste Strecke führte uns zu einer Landzunge, Entfernung etwa 500 Meter. Ging ganz gut. Das Wasser war wärmer als im Wöhrsee (etwa 20 Grad). Und der See ist tiefer, so dass ich keine Pflanzen, sondern nur schönstes See-Grün unter mir sah. Lutz sah ich bald nicht mehr. Sein angekündigter Linksdrall hatte ihn weit weggetrieben. Und da er ohne Boje unterwegs war, war er echt kaum zu sehen. Wir waren auch nicht die einzigen im Wasser. Ein paar Stand-Up-Paddler waren unterwegs. Das ist echt was anderes als im Freibad-Becken, wo vielleicht noch andere Leute schwimmen. Aber alles auf einer Ebene. Hier im See muss man schon schauen, was los ist.

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Irgendwie kann man das Freiwasser-Schwimmen kaum mit dem Schwimmen im Becken gleichsetzen. Ich finde, es ist komplett anders. Erstens: Man hat Platz. Keine Mitschwimmer. Aber man ist auch der Natur ausgeliefert. Das Wasser kann dank einer Strömung auf einmal echt kalt werden. Wellen können das Atmen erschweren. Zur Orientierung muss man immer mal wieder nach vorne schauen. Wenn’s blöd läuft, sogar mal stehen bleiben.

Die zweite Etappe war dann von dieser Landzunge über den See. 600 Meter laut Lutz‘ Berechnungen. Zwischendrin wurde mir schon ein bisschen kalt. Und an Land konnte man da auch nicht gehen. Privatgrund. Wir haben’s gar nicht versucht, sondern sind über den See zurück. Ein Kilometer. Da gab’s aber keine markante Stelle, auf die ich zuschwimmen konnte. Im Becken macht’s nichts, dass ich nicht alles sehe. Im See wäre eine Schwimmbrille mit Sehstärke fast geschickter. Wir schwimmen also, es läuft schon ganz gut. Immer wieder finde ich meinen Rhythmus, atme im Dreier-Zug und achte darauf, nicht zu viel mit den Beinen zu machen, um Kraft zu sparen.

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Anders als im Becken kann ich hier im See weder meine Kraft noch meine Geschwindigkeit einschätzen. Und ich weiß auch nicht, wie weit es noch ist, bis ich fertig bin. Im Becken zähle ich ja meine Bahnen. Da weiß ich, dass noch zehn oder 20 vor mir liegen. Hier? Keine Ahnung, wie weit es zum Ufer ist. Und es scheint zwischendurch echt weit entfernt. Ob es jemals näher kommt? Und was, wenn nicht? Lutz ist zwischendrin wieder recht weit von mir entfernt. Ist es sein Linksdrall oder schwimme ich zur falschen Stelle? Ich bin etwas verunsichert. Angst habe ich zwar keine, aber ein mulmiges Gefühl. Hier gibt’s kein Zurück! Ich schwimme etwas Brust, um mir einen Überblick zu verschaffen. Um mich vielleicht auch ein bisschen zu besinnen. Ich kann schwimmen. Ich habe genug Ausdauer. Ich schwimme gern. Ich kraule auch wieder. Atme regelmäßig. Versuche auf meinen Armzug zu achten. Dass er sauber ist. Dass er regelmäßig ist. Dass ich keine Luftbläschen unter Wasser drücke. Ich achte auf meine Beine. Dass sie nicht zu stark schlagen. Es ist schön. Der grüne See unter mir. Der blaue Himmel und die Sonne über mir. Zur Orientierung hebe ich den Kopf. Ich kann jetzt die Klo-Hütte auf unserer Wiese erkennen. Das ist die Stelle, auf die ich zuschwimmen muss. Und das Ufer kommt tatsächlich näher. Und näher! Ein sehr schönes Gefühl. Irgendwie erhebend. Wir kommen an. Und natürlich machen wir ein Foto. Lutz hat nämlich eine Unterwasserkamera.

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Draußen merke ich, wie kalt mir ist. Wir waren fast eine Stunde unterwegs. Hatten am ersten Haltepunkt eine Fotopause eingelegt und uns auch nicht wirklich beeilt. Lutz war am Vormittag schon schwimmen. Und ich will mich nicht übernehmen. Ich muss erst lernen, wie ich mir meine Energie einteile. Im Becken schwimme ich gern mal bissl schneller. Überhole Schwimmer, die auf der Nebenbahn sind. Doch das sind Spielereien, die es im Freiwasser nicht gibt. Die auch nicht nötig sind. Weil es – auch ohne Bahnenzählen – spannend ist. Und gar nicht langweilig.

An Land ziehe ich meinen dunkelblauen Kapuzenpulli über. Den habe ich extra eingepackt, weil er so schön warm ist.
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Chlorhühnchen goes Openwater

Wie ihr ja wisst, bin ich ein überzeugtes Chlorhühnchen. Schwimme am liebsten im leeren Freibadbecken, orientiere mich an der schwarzen Linie und zähle meine Bahnen. Sehr meditativ das Ganze. Und das, obwohl ich in einem See schwimmen gelernt habe und an einem See aufgewachsen bin. Gefühlt habe ich meine ganzen Sommer in der Jugend im und am See verbracht.

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Kraulen im Freiwasser habe ich auch schon getestet. Aber so richtig gefallen hat es mir nicht. Es war langweilig, da ich keine Bahnen zählen kann, und auch bissl unheimlich, weil keiner mitgeschwommen ist. Aber irgendwas muss ja dran sein, sonst wären nicht so viele davon begeistert, im See (oder Meer) zu schwimmen.

Also ging ich mit jemandem im Freiwasser schwimmen, der sich damit auskennt: Christof Wandratsch! Weltmeister im Eisschwimmen. Bodenseelängsdurchquerer. Bodenseequerdurchquerer in Rekordzeit. Der kann mir Tipps geben! Und er macht es tatsächlich.

Also auf nach Burghausen und ab in den Wöhrsee. Über uns ein wolkiger Himmel und die längste Burganlage der Welt. Und die Sonne – naja. Die wollte dann doch mal kurz schauen, was ich so mache. Aber nur kurz – es hat ihr wohl nicht gefallen.

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Zuerst gab mir Christof ein paar Tipps. Badekappe hilft, um gesehen zu werden und wärmt den Kopf. Ohrenstöpsel halten kaltes Wasser aus dem Gehörgang fern. Außerdem bekomme ich eine Sicherheitsboje umgeschnallt. Daran könnte ich mich im Fall des Falles festhalten. „Die hält sogar mich mit meinen 80 Kilo“, versichert mir Christof. Jetzt abfrischen und dann langsam ans Wasser gewöhnen. Letzteres weiß ich zum Glück noch aus meiner Kindheit. Der Tegernsee ist ein kalter Freund!

Nachm Schwimmen mit Christof Wandratsch

Nachm Schwimmen mit Christof Wandratsch

Und dann geht’s auch schon los. Wir schwimmen relativ gemütlich zu einer Badeinsel. Und was sehe ich unter mir? Pflanzen! Ganz nah! Erst ist’s bissl gruslig, aber dann ist es auch schön. Sie bewegen sich im Wasser sanft hin und her. Das Grün des Sees ist wunderschön. Und das Wasser ist relativ klar. Ich kann Christof gut sehen, der neben mir schwimmt. Und auf einmal sind wir schon an der Badeinsel angekommen. Die Orientierung fällt mir noch etwas schwer. Ich bin’s nicht gewohnt, mich außerhalb des Wassers zu orientieren. Zum Glück schwimme ich immer mit einem Dreier-Zug, so dass ich auf beide Seiten atmen – und sehen – kann.

Einmal erwischt meine Hand ein Büschel Seegras, das auf der Wasseroberfläche treibt. Ich erschrecke. Christofs Kommentar: „Da muss man nicht erschrecken! Das tut nix und ist einfach nur Natur. Mir ist das lieber, als im Freibad in ein Büschel Haare zu greifen!“ Wo er Recht hat …

Wir schwimmen insgesamt eine 650-Meter-Runde (das Chlorhühnchen rechnet um: 13 Bahnen, nicht viel eigentlich). Es macht Spaß, aber es ist auch kalt. Der See hat nur 18 Grad. Das macht das Schwimmen anstrengender als im Becken mit 22 bis 24 Grad. Außerdem kann ich meine Geschwindigkeit überhaupt nicht einschätzen und der Abstoß alle 50 Meter fehlt auch irgendwie.

Mein Fazit: Es war ein tolles Erlebnis. Überhaupt nicht mit meinen „Alleingängen“ zu vergleichen. Ich habe mich zum einen viel sicherer gefühlt und zum anderen war’s überhaupt nicht langweilig. Bisher war schwimmen für mich ein „Einzelsport“. Doch so im See macht das zu zweit viel Spaß!

Nur draußen, an Land, da war’s echt kalt! Wir hätten wohl im Wasser bleiben sollen. Denn wie geht’s schon dem „Kleinen Wassermann“ von Otfried Preußler? Der erkältet sich, weil er trockene Füße bekommen hat!

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Wer den Radiobeitrag hören will: Hier lang! Es ist gleich der erste.


Warum ich Sommersonnentage nicht mag …

Ah… endlich Sommer! So schallt’s ausm Radio, Fernsehen und in der Zeitung steht’s auch. Natürlich war’s seit Tagen im Internet zu lesen und wer sein Fenster aufmacht oder vor die Tür geht, sieht: Sommer! Sonne! Warm! Endlich. Ab ins Freibad!

Und genau das ist das Problem. Kaum scheint die Sonne vom blauen Himmel und das Thermometer erreicht 25 Grad, müssen alle – wirklich alle – ins Freibad. Kann ich auch verstehen. Ist ja schön da. Für uns Schwimmer – Sportschwimmer wohlgemerkt – ist das leider nicht so schön. Zwar haben einige Bäder eine Bahn abgetrennt, in der man zügig seine Bahnen ziehen kann. Doch die Realität zeigt: Jeder, der sich (und leider meistens auch seinen Kopf) über Wasser halten kann, hält sich für einen Sportschwimmer („Ich schwimme auch!“) und tummelt sich auf der Schwimmerbahn. Die schiere Masse an Menschen führt natürlich zu Engpässen. Das wäre auch so, wenn tatsächlich nur die Sportschwimmer da wären. Das Problem bei den „Planschi-Schwimmern“: Sie wissen zum einen nicht, wie man sich in der Sportbahn benimmt (nicht an der Wende stehen bleiben, drei Schritte gehen und dann losschwimmen, wenn der schnelle Schwimmer kommt. Oder nicht an der schwarzen Wendemarke Pause machen. Oder – na, ihr wisst schon…). Zum anderen brauchen diese Brustschwimmer unfassbar viel Platz. Sie holen mit den Armen weeeeiiit aus – da kann man natürlich nicht zu nah am Rand schwimmen, sonst haut man sich an. Zum anderen schlagen sie auch mit den Beinen weit aus. Und manche sogar recht kräftig. Überholen ist eh schon nervig, weil man aus seinem Rhythmus kommt. Hier wird’s zur zusätzlichen Herausforderung, weil wenig Platz ist. Und dann meinen diese „Schwimmer“ auch noch, dass sie genau jetzt, wo sie überholt werden, schneller schwimmen müssen. „Nur nicht vorbeilassen“ scheint das Motto zu sein. Wozu? Verhält man sich auf der Straße auch so? Soweit ich weiß, ist das laut Straßenverkehrsordnung verboten. Gilt wohl nicht im Schwimmbad.

Vielen dieser Schwimmer ist es leider auch nicht bewusst, wie nervig es ist, ständig überholen zu müssen. Aber woher sollen sie das auch wissen? Schließlich WERDEN sie ja überholt. „Sie sind ja schnell an mir vorbei“, das habe ich schon öfter gehört. Aber wehe, wehe, man würde sich so auf der Autobahn verhalten.

Und noch was ist rätselhaft: Die Trockenhaar-Schwimmer und Kinder haben das GANZE restliche Becken (je nach Größe vier bis sieben Bahnen) zur Verfügung. Aber nein – wo müssen die Kinder reinspringen und rumtauchen? IN DER SCHWIMMERBAHN! Es ist nicht ungefährlich! Mir reicht schon die Vorstellung, wie es sich anfühlt, wenn mir mal so ein Fratz in den Rücken springt. Ich möchte nicht erfahren, wie es tatsächlich ist. Außerdem neige ich dazu, mich zu erschrecken, wenn auf einmal neben mir jemand ins Wasser springt.
Außerdem scheinen weder Kinder noch Erwachsene einschätzen zu können, wie schnell manche Schwimmer sind. Aber wehe, sie würden einen Tritt abbekommen. Dann sind wir Schwimmer wieder schuld.

Was ich mich frage: Würden wir Sportschwimmer wie die Irren durch den „freien“ Bereich brettern, wäre das Geschrei groß. „Sie sind so schnell!“ „Rowdie!“ „Das ist doch total rücksichtslos!“
Äh, ja! Genau das würden wir Euch „Spaßschwimmern“ auch gern sagen. Warum darf man sich nicht über langsame Schwimmer beschweren? Wenn jeder bissl mitdenken würde – und auch die Beckenaufsicht da bissl drauf schauen würde – hätten alle mehr vom Freibad. Denn auch, wenn ich echt gern im Regen schwimme: Manchmal wäre es schon schön, auch mal bei Sonne in Ruhe seine Bahnen ziehen zu können. So als Belohnung fürs Frieren im Regen.