Monatsarchiv: November 2020

Gestrandet …

Neulich war ich bei meinem Optiker und der hat ein kleines Aquarium in seinem Laden. Darin schwimmen zwei „Nemos“, ein lila-gelber und ein Fisch mit Punkten. Die Garnele hängt nur ab, soweit ich das beobachten konnte. Warum erzähle ich euch das? Weil ich neidisch auf die Fische war! Sie dürfen weiterhin rumschwimmen. Für sie ist alles in Ordnung (ok, so ein Aquarium ist jetzt nicht der Ozean, aber immerhin). Und ich? Bin wieder gestrandet, sitze auf dem Trockenen und fühle mich nicht gut.

Neidisch auf die Fische…

Wenn ich jetzt sage, dass es mir schlecht geht, mag das nach „Jammern auf hohem Niveau“ klingen. Aber es ist halt mal so. Ich fühle mich, als würde ich für etwas bestraft, was andere „angestellt“ haben. Nachsitzen für die ganze Klasse, weil der Klassenclown rumgealbert hat. Oder weil zwei gerauft haben und keiner zugibt, wer beteiligt war. Kurzum: Ich finde es ungerecht, dass die Schwimmbäder schließen müssen, weil die „Corona-Zahlen“ stark gestiegen sind.

Abstand halten in den Doppelbahnen

Es gibt, soweit ich weiß, keinen Fall, der auf einen Besuch im Schwimmbad zurückzuverfolgen ist. (Dasselbe gilt wohl für Fitnessstudios.). Meine Beobachtung war vielmehr, dass die Besucher in den Bädern auf Abstand und Hygienemaßnahmen geachtet haben. Weil sie sich selbst nicht anstecken wollten (denn das bedeutet zwei Wochen Verzicht). Im Gegensatz zum Supermarkt, wo es mir in den vergangenen Wochen wieder verstärkt aufgefallen ist, dass die Menschen kaum Abstand halten. Die Bodenmarkierungen werden entweder nicht wahrgenommen oder gelten für andere. Wenn ich dann böse schaue oder tatsächlich um mehr Abstand bitte, werde ich mit bösen Blicken gestraft: Hab dich nicht so. Doch, ich hab mich so! Ich will nämlich nicht, dass die Zahlen weiter steigen und die Politiker nur den einen Ausweg kennen: Lockdown. Ironischerweise jetzt mit einem „light“ versehen. Wobei: Das wissen wir doch aus der Ernährung, dass wo „light“ draufsteht, keine Erleichterung zu erwarten ist.

Zurück zum Gefühl der Ungerechtigkeit. Wie viele andere Sportler habe ich mich an die Regeln gehalten. Die ungeliebte Maske aufgesetzt, auch da, wo es wenig Sinn ergibt (im Freien, mit Abstand). Abstand gehalten, Daten (die echten!) hinterlassen und so weiter. Und jetzt: alles umsonst, alle in Hausarrest und das Hallenbad wird mit dem Puff gleichgesetzt. Stichwort: Freizeitvergnüngen.

Dass ein Hallenbad (und auch ein Fitnessstudio) nicht nur „Freizeitvergnüngen“ ist, sondern Sportstätte, um sich fit zu halten, etwas für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden zu tun, wird – wie schon im Frühling – einfach nicht gesehen. Ein Hallenbad ist anscheinend etwas, das man alle heiligen Zeiten aufsucht, um dann etwas Spaß zu haben. Dass Schwimmen ein Sport ist, wird eh selten genug anerkannt (Stichwort: Bahnen für Sportschwimmer). Für manche Menschen ist schwimmen der einzige Sport, den sie ausüben können, da er schwerelos und somit ohne Belastung ist. Besonders gut für Menschen mit Gelenkproblemen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Für mich ist Schwimmen einfach Freiheit. Mein liebster Lieblingssport, bei dem ich gleichzeitig Kraft und Leichtigkeit empfinde. Wo ich den Kopf freikriege, neue Gedanken entstehen und ich dem Alltag etwas entfliehen kann. Tja – und das ist jetzt wieder gestrichen. Für vier Wochen … doch das wird wohl wieder länger dauern.

Das ist zermürbend. Das war im Frühjahr aus verschiedenen Gründen anders. Erstens war es eine Art „Experiment“, ein Ausbrechen aus der Gewohnheit. Und weil wegen der Ausgangsbeschränkung zum Teil sehr wenig Straßenverkehr herrschte, war das Rennradln sehr angenehm. Zweitens war das Wetter schön, die Tage wurden jeden Tag länger. Mehr Tageslicht, längere Touren. Und schließlich auch wärmeres Wasser in den Seen.

Und jetzt? Kürzere Tage jeden Tag, Nebel bis Mittag und der Autoverkehr ist dicht und nervig und gefährlich wie eh und je. Rennradln auf nassem Laub ist nicht so spaßig und im Nebel bei unter zehn Grad echt kalt. Hab ich zwar auch gemacht, aber eher, um rauszukommen als aus Spaß.

Bei Sonne kann man zumindest die prächtigen Herbstfarben genießen

Schwimmen im See. Ja, hab ich auch gemacht. Das Wasser ist mit 12 bis 13 Grad erstaunlich warm. Und ich bin ja schon länger eine Kaltwasserschwimmerin, so dass das jetzt DIE Gelegenheit ist, es umzusetzen. Weil eben keine Halle lockt. Aber es ist nicht dasselbe und erst Recht kein Ersatz. Fünf Minuten Oma-Brust im kalten See sind halt was anderes als 60 bis 75 Minuten Kraulen in der Olympiaschwimmhalle.

Schwimmen im Nebel. Das Wasser war doppelt so warm wie die Luft

Und deshalb ist es leider so, dass ich mich gar nicht wirklich auf meine „Eisschwimm„-Ausflüge freue, sondern es eher aus Trotz mache. Es fühlt sich nach wie vor gut an, sich an das kalte Wasser zu gewöhnen. Zu merken, dass es geht, wenn man etwas länger schwimmt. Die ruhige Stimmung am See zu genießen. Das Kribbeln danach. Aber wenn ich dann beim Heimradln so kalte Finger bekomme, dass ich sie kaum mehr bewegen kann, dann muss ich einfach daran denken, wie viel schöner es wäre, eine Wahl zu haben: zwischen „richtig schwimmen“ im Hallenbad und „Eisschwimmen“ im See. Und diese Wahl habe ich gerade nicht. Obwohl ich mich an alle Regeln gehalten habe. Das ist ungerecht und macht mir schlechte Laune …