Monatsarchiv: Juli 2018

Mondfinsternisschwimmen

Ein wirklich warmer, ja heißer, Sommertag verabschiedet sich in eine laue Nacht. Die Sonne ist hinter den Bergen verschwunden und schickt letzte Strahlen in den Abendhimmel. Einige Wölkchen leuchten hell. Darunter liegt der Tegernsee.

Spiegelglatt. Dunkel. Die Schatten der umliegenden Berge zeichnen sich schwarz auf der dunkelblauen Oberfläche ab. Die Lichter aus Tegernsee hinterlassen lange Streifen auf dem Wasser. Es ist kitschig-schön.

Mit der Nachbarin meiner Eltern mache ich einen abendlichen Schwimmausflug im Restlicht des Tages. Unsere Schritte ins Wasser zerstören die makellose Oberfläche. Das Wasser ist noch schön warm vom Tag. Und dann schwimmen wir. Oma-Brust, um alles sehen zu können. Ich sauge die Atmosphäre regelrecht ein. Diese Ruhe. Diese Stimmung. Der mächtige Wallberg vor uns. Die Segelboote spiegeln sich im Wasser. Nur unsere Wellen rollen ans Ufer.

Und immer ein erwartungsfreudiger Blick zum Himmel über dem Wallberg. Denn dort wird er gleich erscheinen. Der Vollmond. Der den Tegernsee silbern glitzern lässt. Und der heute ja rot sein wird. Wegen dieser Jahrhundertmondfinsternis.

Es ist eher Zufall, dass ich am Tegernsee bin. Spontan wegen des Sommerwetters. Und dann sowas. Muss ich mir anschauen. Aber: nix passiert! Ach, noch zu früh. Wir schwimmen zurück. Ich vorsichtshalber Rücken, um den Blick nicht abwenden zu müssen. Aber: nix.

Wieder an Land und umziehen. Nichts tut sich. Wir haben weder Handy noch Uhr dabei. Also abwarten. Und die Abendstimmung genießen. Es wird langsam dunkler. Hinter den Bergen, in Österreich, blitzt es. Wetterleuchten. Mystisch! Mond? Fehlanzeige. Sind wohl doch Wolken am Himmel. Halt nicht überall, nur an der entscheidenden Stelle. Da ist sooooo viel Platz am Himmel. Und wo sind die Wolken? Ausgerechnet, aggrat, da, wo dieser Jahrhundertmond kommen soll. Gemein! Aber es ist jammern auf hohem Niveau. Die Abendstimmung ist auch so mega und unbeschreiblich. Wenn halt das Warten nicht wäre. Diese Erwartungshaltung, dass ja doch noch was fehlt. Etwas, das seit Wochen fest versprochen war.

Aber der Mond mag nicht. Er will seine Ruhe haben und bleibt hinter den Wolken. Irgendwann beschließen wir heimzugehen.

Auf der Terrasse meiner Eltern: auch kein Mond. Eher Finsternis ohne Mond. Dafür Roséwein, immerhin die Farbe passt. Hinter den Bäumen kann man auch nicht sehen, ob sich nicht doch noch was tut. Naja. Es ist auch so ein schöner Abend.

Und plötzlich sehe ich ihn! Zwischen den Blättern, recht dunkelrosa. Der Mondfinsternismond! Tadaaaa! Da isser!! Als schon alle aufgegeben und zusammengepackt und heimgegangen sind. Da kommt er.

Ich gehe zum See runter, weil die Bäume die Sicht versperren. Und da steht der Mond in rot/rosa über dem Wallberg. Und daneben-drunter ein kleiner rötlicher Punkt. Der Mars! Sowas! Unglaublich! Kommt das doch noch hinter den Wolken hervor. Ich bin fasziniert!

Und etwas später schau ich noch mal. Denn jetzt ist die Mondfinsternis eigentlich rum. Aber die“Show“ geht weiter. Denn links leuchtet der Mond jetzt so hell, dass es fast blendet. Die Erde gibt quasi den Mond frei, der Schatten verschiebt sich. Mal wirkt es, als könnte ich die Veränderung direkt sehen. Dann wieder, als ob sich nichts tut.

Fazit: Es war ein faszinierender Abend mit schwimmen in der Finsternis und einem Mond mit Verspätung und Schatten!


Schwimmen und das schwedische Jedermannsrecht

Die meisten haben schon davon gehört: In Schweden gibt’s das „Jedermannsrecht“, auf schwedisch: allemansrätt. Das besagt, dass jeder die Natur nutzen darf, also auch Seen. Allerdings darf man (kurz gesagt) Privatgrund nicht betreten bzw. muss Abstand zum Haus halten. Und es gehen Pflichten mit diesem Recht einher: Müll muss wieder mitgenommen werden, darf nicht in die Landschaft geworfen werden. Eigentlich selbstverständlich und so weit ich das von meinen Eltern in Oberbayern gelernt habe, gilt das mit dem Müll auch hier: nicht liegenlassen, sondern wieder mitnehmen. Gerade an der Isar und im Englischen Garten in München scheint das nicht mehr zu gelten. Aber das ist ein anderes Thema …  (und mehr zum Jedermannsrecht gibt’s zum Beispiel hier, bei Elchkuss).

Ich habe mit dem Jedermannsrecht in Schweden natürlich auch Bekanntschaft gemacht. Bei meinen ersten Schwimmausflügen war es zum Beispiel so, dass kein Mensch und kein Haus weit und breit waren. Also Bahn frei und ab ins Wasser.

Am nächsten Tag bin ich in die andere Richtung geradelt, natürlich war da auch ein See das Ziel, der Ören bei Svalsjö. Ich fahre dort also am Ufer entlang, aber irgendwie sehen die Stege dort sehr „privat“ aus. Einmal ist sogar ein Zaun um die Wiese und den Steg. Das ist zwar eine traumhaft schöne Schwimmstelle, aber wohl privat und ich will hier keinen Ärger riskieren.

Also radle ich zurück zur Kreuzung, um es am anderen Seeufer zu probieren. An der Kreuzung ist auch ein Café mit Shop, ich beschließe, hier kurz nachzufragen. Per, der Inhaber und Schreiner, ist äußerst freundlich und meint, dass die Schwimmstellen nur privat aussehen und ich dort ohne Weiteres baden kann. Oder ich kann seine Schwimmstelle nutzen, er müsse jetzt ohnehin arbeiten. Ich bin gerührt und nehme das Angebot an. Per beschreibt, wie ich zu seiner Stelle komme: „Den Weg entlang, den Hügel hinauf und dann musst du rechts schauen, dass du es nicht verpasst. Da ist ein großer Stein im Wasser und eine Art Holzsessel an Land. Den habe ich gebaut. Da kannst du dich auch hinsetzen oder deine Sachen ablegen.“ Ohmann, wie toll!

Bevor ich zu der Stelle radln kann, verratschen wir zwei uns noch. Er begutachtet mein Radl (Mariannes altes Mountainbike) und wir fachsimpeln ein bisschen. Dann zeigt er mir sein Radl. Dazu müssen wir über die Wiese hinter dem Café gehen und zu seinem Privathaus. Dort auf der Veranda steht sein „Liebling“. Es ist ein Gravelbike! Lustigerweise habe ich darüber erst kürzlich fürs Fitnessmagazin berichtet.

Jetzt aber auf Pers Schwimmstelle. Die Wolken werden leider immer mehr, so dass es kein so richtig schöner Badetag ist. Aber ich finde den großen Stein und den Holzsessel. Zwischen den Birken hängt Pers gestreiftes Handtuch und wedelt im Wind. Aber ich habe ja mein eigenes dabei.

Flugs bin ich nackt und gehe ins Wasser. Trotz des Windes und der Wolken ist es nicht kalt. Wegen der Wellen ist das Schwimmen wieder in eine Richtung schön und in die andere nicht so. „Genug“, denke ich und gehe an Land. Und dann merke ich, dass es doch zu kurz war und es gar nicht kalt ist und überhaupt: Ich habe ja keine Eile. Also nochmal rein und bissl schwimmen. Es ist eher Planschi-Schwimmen, aber egal. Es ist schön.

Auf dem Rückweg kehre ich dann bei Anna und Per ein. Denn im Café gibt’s Zimtschnecken und Kaffee, eine kleine Pause schadet nie. Und Zimtschnecken sind natürlich immer Pflicht, weil es die hier in Bayern nicht gibt (oder ich noch keine gefunden habe).

Per stellt übrigens „mekaniska kabinett“ her. Das sind Figuren aus Holz, die sich bewegen oder mit den Augen rollen, wenn man an der Kurbel dreht. Die setzt Zahnräder aus Holz in Bewegung. Total verrückt. Könnt ihr hier im Internet mal anschauen und wenn ihr mal in der Gegend seid, vorbeifahren.

Ich war dann an dem Tag trotz Wolken noch in verschiedenen Seen beim Schwimmen. Denn rund um das Hotell Sommarhagen gibt’s acht verschiedene Seen, im Umkreis von 1500 Metern. Wenn das mal nix ist, dann weiß ich auch nicht.

Hier gab’s sogar eine Art Rundkurs mit Bojen:

Und hier war ich tagsüber schwimmen und abends gleich nochmal, weil es so schön war, in der Abendstimmung.


Schwedisches Seen-Schwimm-Paradies

Meine schwedischen Schwimmausflüge gehen noch weiter. Von Stockholm bin ich mit dem Zug nach Boxholm gefahren und von dort mit dem Taxi zum Hotell Sommarhagen. Ein kleines Hotel in der schwedischen Pampa, pro Quadratkilometer gibt’s hier nur 2 Einwohner (in München sind es gefühlt 2 Einwohner pro QuadratMETER…).

Foto 02.07.18, 08 58 52

Das Hotel ist in einem alten Pfarrhaus untergebracht und wird von Marianne und Bengt-Göran, kurz BG, geleitet. Äußerst herzliche Menschen, die im wahrsten Wortsinne Gastgeber sind. Der Gast, also ich, ist hier wirklich König. Das fängt schon mit so banalen Dingen an, wie: Ich kann mein Frühstück natürlich auch auf der Terrasse vorm Haus einnehmen. BG bringt die Polster. (Auf Mallorca hatte ich auch mal vor, auf der sonnigen Terrasse zu frühstücken – aber nein, im Frühstücksraum wird gegessen. Auch, wenn es Büffet ist und ich eh alles selbst an den Tisch bringen muss.)

Hier, im schwedischen Niemandsland, ist es wunderschön. Es gibt Wald und Seen. Marianne und BG haben sämtliche Wege, die vom Haus starten, erwandert und erradelt und verschiedene Touren markiert.

Es ist für jeden was dabei: eine kurze 4-Kilometer-Runde, eine längere Radlrunde – und: „Es gibt keine Tour, die nicht an einem See vorbeiführt“, verspricht Marianne. Sie erklärt die Touren ausführlich und individuell. Weil ich gern schwimmen möchte, verrät sie mir gute Schwimmplätze. „Badeanzug brauchst du keinen. Da kommt keiner vorbei, höchstens ein Elch, aber der hat ja auch keine Badehose!“

Und so packe ich Handtuch (zur Vorsicht den Badeanzug), Thermometer und was zu trinken ein und mache mich auf zu meiner ersten Erkundung. Es geht den Hügel hinauf, in den Wald hinein. Und dann kommt auch schon der erste See: Svarten, der schwarze See. Spiegelglatt liegt er da, von Kiefern umgeben. An einer Grillstelle kann ich meine Sachen abstellen und in den See gehen. Weil weit und breit tatsächlich niemand da ist, gehe ich nackt.

Das Wasser ist warm und weich. Seidig. Trinkwasser, sagte Marianne. Ich schwimme und mache den Mund auf. Wie ein Fisch lasse ich das Wasser in den Mund laufen und nehme einen Schluck. Ich schwimme etwas aus der kleinen Bucht raus und lasse die schwedische Landschaft auf mich wirken. Vor allem die Ruhe hier! Und das klare Wasser, das mit 23 Grad wärmer ist als der Tegernsee. Sooooo schön! Schon jetzt ist klar: Das ist mein Lieblingssee!

Am nächsten Tag mache ich eine Radtour. Auf Schotterstraßen geht’s am alten Schulhaus vorbei, das jetzt ein Sommerhäuschen ist.

Dann kommt lange, lange, lange gar nix. Außer Wald und Waldesrand. Vögel singen, Hummeln summen. Und das Radl rollt über die Schotterstraße. Ich komme zu einem alten Bauernhaus. Genauer gesagt ist es ein alter Bauernhof, der aus drei Teilen besteht. Einer Scheune mit einem Torbogen, unter dem ich durchgehen kann. Ich muss mich ducken, es ist niedrig. Und dahinter stehen dann links und rechts zwei kleine, rote Schwedenhäuschen. Wie im Spiegelbild. Durch die Fenster kann (und darf!) man nach innen schauen. Der Hof ist ein Freilichtmuseum. Manchmal sind Leute da, die die Tür öffnen. Heute leider nicht. Durch die Fenster sehe ich in eine andere Zeit.

Ich schwinge mich wieder in den Sattel und radle weiter. Ich komme an einem kleinen Dorf vorbei, das an Bullerbü erinnert mit seinen roten Häusern, die Fenster sind weiß gerahmt. Ich erreiche eine Kuppe und sehe: einen See. Da unten ist er! Mein See für heute, bei Danskebo. Er leuchtet dunkelblau zwischen den grünen Bäumen. Ich bin voller Vorfreude.

Jetzt komme ich auch auf eine Teerstraße, das Radln ist gleich viel leichter und angenehmer. Und die Straße führt am See entlang. Ich halte nach einer geeigneten Badestelle Ausschau. Gar nicht so einfach, das ganze Ufer ist bewachsen und ich will die Natur nicht stören. Schließlich finde ich eine Stelle – mit einer Holzleiter und einem Steg samt Bank.

Alles nur für mich! Und das neben einer geteerten Straße. Aber: keiner da außer mir! Ich lege das Radl ins Gras und gehe zum Steg. Es ist von der Straße her etwas geschützt, deshalb kann ich auch hier nackt baden. Das gefällt mir sehr gut. Vor allem, weil ich danach keinen nassen Badeanzug ausziehen muss. Auch hier ist das Wasser angenehm warm. Wegen des Windes ist es etwas wellig und so macht das Schwimmen in die eine Richtung etwas mehr Spaß als in die andere. Geschenkt. Die Idylle hier macht’s wett. Und nach meiner Schwimmrunde lege ich mich auf das warme Holz des Steges und lasse mich trocknen. Herrlich!

Auf dem Heimweg bin ich dann trotzdem nochmal in den Svarten-See gegangen. Weil das einfach eine schöne Stelle ist. Zu schön, um nur einmal hinzugehen!

Außerdem gibt’s hier im Wald, in der Nähe des Hotels, noch ein paar Walderdbeeren. Die waren sowas von gut, ich bin gleich erschrocken, als ich auf die erste gebissen hatte. So eine Geschmacksexplosion! Als wäre die kleine Erdbeere das Konzentrat der großen.

Und es gab auch schon Blaubeeren. Erst habe ich nur eine oder zwei dieser kleinen Waldheidelbeeren gesehen, aber als ich genauer hingeschaut habe, habe ich bemerkt, dass der ganze Wald voll davon ist. Vor allem abseits des Weges. Herrlich! Waldblaubeeren, schwimmen und Ruhe!


Aufm Wasser in Stockholm

Stockholm ist nicht nur am, sondern im Wasser. Die Stadt besteht aus 14 Inseln. Und was ist um die Inseln herum? Wasser. Eine Stadtrundfahrt darauf bietet sich also geradezu an. Und genau das habe ich gemacht. Mit dem Pendelboot, das im U-Bahn-Ticket-Preis inbegriffen ist. Ganz nett und entspannend. Aber viel interessanter war die andere Variante: im Kajak!

Blick vom Rathausturm auf den Riddarfjärden mit Riddarholmen.

Los ging’s am Anlegesteg von Stockholm Adventures in einem ruhigen, kanalartigen Seitenarm des Mälarensee auf Kungsholmen. Wir saßen zu zweit im Kajak: Malin, unser Guide und Stadtführerin (wenn man so will), und ich. Im anderen Zweierkajak waren weitere Touristen aus Taiwan. Ich bin ja schon zweimal Kajak gefahren: In dem stillgelegten Bergwerk in Slowenien und auf dem Vesijärvi (Wassersee) in Lahti in Finnland. Beide Male war das Wasser sehr ruhig, spiegelglatt. Unter der Erde kann es auch gar nicht wellig sein und auf dem finnischen See war einfach traumhaftes Herbstwetter.

Unsere Zweierkajaks für die Stadtrundfahrt.

Jetzt war es anders. In Stockholm wehte an diesem Juni-Tag ein ziemlich entschlossener Nordwind. Auf dem Kanalarm (Klarasjö) haben wir davon noch nichts mitbekommen. Doch Malin warnt uns vor, dass das nach der Brücke ganz anders sein wird. Wir nähern uns also der Brücke beim Rathaus (Cityhall) und fahren unter ihr durch. Es gibt einen großen Bogen, unter dem auch die größeren Boote fahren, und zwei kleine, sehr niedrige. Es sieht fast so aus, als wäre das zu niedrig für uns. Aber es klappt, ich muss nicht mal den Kopf einziehen. Und dann ist es ziemlich dunkel und bissl gespenstisch. Aber auch schön!

Von der Brücke aufgenommen. Das Rathaus von Stockholm, an dem sind wir mit dem Kajak vorbeigefahren.

Und dann geht’s raus. Zwar nicht aufs offene Meer, aber es fühlt sich fast so an. Es ist wellig und windig. Wir sind noch immer auf dem Mälarensee. Von hier ginge es theoretisch in die Ostsee, aber die Hauptschleuse (Slussen) ist schon seit einiger Zeit eine riesige Baustelle und alle Boote müssen einen ziemlichen Umweg fahren. Als wir am Rathaus, das hier direkt am Eck der Insel Kungsholmen steht, vorbei sind, wird’s erst richtig wellig! Der Wind kommt von rechts, außerdem herrscht hier, zwischen Kungsholmen, Riddarholmen und Södermalm ziemlich viel Schiffverkehr. Die Pendelboote (mit denen ich auch schon gefahren bin), private Motorboote, Ausflugsboote, Segelboote … alles ist hier unterwegs. Und wir: mittendrin. Oder eher: unten drunter. Im Kajak sitze ich quasi auf der Wasseroberfläche, alles über mir ist riesig. Es ist fast wie beim Schwimmen, nur eine halbe Etage höher.

Jetzt überqueren wir die Bucht, rüber nach Södermalm. Es sind etwa 800 bis 900 Meter, wenn man schnurgerade fährt, erklärt Malin. Wir haben keinen Kilometerzähler dabei, also wissen wir auch nicht, wie weit es tatsächlich ist. Es schaukelt ganz schön und ich bin heilfroh, dass ich mit Malin eine erfahrene Kajakfahrerin im Boot habe. Sonst hätte ich ganz schön Angst. Dass mich die Wellen umwerfen. Dass mich ein anderes Boot rammt. Dass ich es nicht schaffe oder im Wasser lande. Und dann nicht mehr ins Boot komme. Aber dank Malin, die hinten sitzt, bin ich recht ruhig und konzentriere mich aufs Paddeln. Links. Rechts. Links. Rechts. Und Kurs halten. Wir steuern auf das langgezogene Backsteingebäude zu. Es sieht aus wie eine Brauerei und das war es bis 1971 auch: Münchens Bryggeri.

Die Münchens Bryggeri in Södermalm. Das langgezogene Backsteingebäude sieht man auch von Kungsholmen und natürlich auch aus dem Kajak.

Die Querung des Riddarfjärden ist geschafft. Jetzt lotst uns Malin an der Küste Södermalms entlang und erzählt uns ein bisschen was. Dass die Insel mal das Arbeiterviertel von Stockholm war und jetzt ein „In“-Viertel mit vielen Cafés und Kneipen ist. Ich war am Vormittag dort spazieren. Es hat mir sehr gut gefallen.

Langsam aber sicher gelangen wir in ruhigeres Gewässer. Eine Art Kanal ist das jetzt. Eine Wasserstraße zwischen zwei Inseln. Herrlich ruhig, es gibt nicht mal Wellen! So schön entspannt paddelt es sich gleich besser. Wir kommen an unzähligen Booten vorbei, die hier liegen. Es sind schicke, zum Teil alte, Holzboote. Eine Art Wahrzeichen von Stockholm. Langsam gleiten wir an allen Booten vorbei. Eine wirklich bezaubernde Atmosphäre. Der Lohn für die Wellenmühen. Und so nur vom Boot aus zu sehen. Die Strapazen und Wellen von vorhin: vergessen. Ich bin begeistert!

Idylle pur! Die alten Boote zwischen Södermalm und Langholmen sind eine Sehenswürdigkeit in Stockholm. Am schönsten natürlich, wenn man selbst im Wasser ist.

Die Insel zu unserer rechten ist Langholmen, hier war früher das Gefängnis. Heute sehe ich eher Leute, die die Freiheit beim Grillen und Baden genießen. Wir gleiten weiter über das Wasser. Hin und wieder erzählt Malin etwas oder beantwortet Fragen. Es ist aber keine „klassische“ Stadtführung mit vielen Zahlen, Daten, Fakten oder Geschichten. Es geht mehr ums Erleben. Sich selbst ein Bild machen. Den besonderen Aspekt vom Wasser aus zu genießen. Die Stadt auf sich wirken lassen. Das gefällt mir gut.

Blick vom Kajak auf Boote und Wasser.

„Normalerweise fahren wir um die Insel Langholmen herum, aber weil es heute so windig und wellig ist, würde ich vorschlagen, wir fahren auf diesem Weg zurück. Wellen bekommt ihr nachher ohnehin genügend“, empfiehlt Malin. Es ist zwar ein bisschen schade, aber ich erinnere mich nur ungern an die Überquerung des Riddarfjärden, die uns gleich nochmal bevorsteht. Und so genieße ich noch das ruhige Wasser, lasse die alten Boote nochmal an mir vorbeiziehen und bereite mich auf die Wellen vor.

Kaum sind wir aus dem Schutz der Insel, wird es ungemütlich. Wir werden ganz schön durchgeschaukelt. Auch der Bootsverkehr nimmt jetzt wieder merklich zu. Malin versucht eine „Ideallinie“ für die Querung auszumachen. „Wir peilen die Kirche da hinter der Häuserfront an“, gibt sie die Richtung vor. Und: „Einfach so ruhig wie möglich paddeln. Ein Schlag nach dem anderen. Eins. Zwei. Eins. Zwei.“ Es ist ziemlich anstrengend, weil wir jetzt auch gegen den Wind paddeln. Die bunte Häuserfront von Kungsholmen, sie will einfach nicht näher kommen. Dafür ein ziemlich großes Schiff. Gottseidank täuscht die Optik und es kreuzt hinter uns. „Solange die Wellen nicht seitlich kommen, ist es ok“, beruhigt uns Malin. Und irgendwann sind die hübschen bunten Häuser nah.

Fast geschafft! Die Häuserzeile auf Kungsholmen kommt näher!

Es geht jetzt in Ufernähe zurück zum Rathaus. Schaukel, schaukel, spritz, spritz. Ein Schlag nach dem anderen nähert sich wieder ein Etappenziel. Das Rathaus.

Gar nicht so leicht, ein waagrechtes Bild im Schaukelkajak hinzukriegen. Der Rathausturm links ist das nächste Ziel.

Dann um die Ecke, zur Brücke. Unter dem niedrigen Bogen hindurch. In den kanalartigen Arm, in dem wir gestartet sind. Auf der einen Uferseite die grünen Bäume. Die Weide, die tief ins Wasser hängt. Auf der anderen Uferseite: ein Netz aus Straßen, die hier über- und untereinander verlaufen. Ein Knotenpunkt in der Großstadt. Was für ein Gegensatz! Und wir mittendrin. Im bzw. auf dem Wasser. Und dann sehen wir auch schon unseren Anlegesteg von Stockholm Adventures. Die zwei Stunden im Kajak sind rum. Schön war es. Abwechslungsreich. Abenteuerlich. Neue Perspektiven auf diese zauberhafte Stadt aus 14 Inseln.


Stockholm – Stadt im Wasser

Einige von euch haben es sicher schon bemerkt: Das Chlorhuhn hat einen Drang zum Norden. Nicht nur Finnland ist ein begehrtes Ziel, auch Schweden oder Dänemark habe ich schon besucht. Und weil mein Besuch in Stockholm letzten Sommer arg kurz war, bin ich dieses Jahr nochmal hin. Für etwas länger. Denn Stockholm ist eine Stadt im Wasser. Richtig! Nicht AM, sondern IM Wasser. Die Stadt ist auf 14 Inseln errichtet, hier treffen der Mälarensee und die Ostsee aufeinander. Wasser, Wasser, Wasser! Logo, dass das Chlorhuhn das nicht verpassen darf.

Stockholm ist eine Stadt auf 14 Inseln

Bei der Ankunft war es in Schweden fast doppelt so warm wie in Bayern. Während es daheim Nieselregen bei etwa 15 Grad gab, war in der schwedischen Hauptstadt Sommer mit Sonne und sagenhaften 28 Grad. Also war eine Erfrischung dringend nötig!

Ich war mit einer Freundin in Stockholm und sobald wir unseren Koffer in der AirBnB-Wohnung abgestellt hatten, ging’s ans Wasser. Praktischerweise war das gleich ums Hauseck, einmal über die Straße. Und dann sind wir am Ufer entlanggegangen, bis eine Badestelle kam.

Auf dem Bild sieht es trüber aus, als es war. Großstadtfeeling beim Schwimmen!

Das war jetzt kein Strand, eher so eine Art Promenade mit Leitern ins Wasser. Und da waren einige, die den Abend im kühlen Nass ausklingen ließen. Trotzdem war genügend Platz und Kathrin und ich haben unsere Rucksäcke abgestellt, uns flux umgezogen und sind dann ins Wasser. Ui… so schön warm! Und doch erfrischend. Wow! Schwimmen in Stockholm. Mehr oder weniger mitten in der Stadt!

Glückliche Wasserratten!

Bojen haben die Schwimmzone vom Schiffverkehr abgegrenzt. Hier wäre auch ein schönes Revier für Freiwasserschwimmer! Ein solcher taucht auch bald auf: Mit Neo und Boje, er will hier gleich trainieren. Aber vorher frage ich ihn ganz nett, ob er ein Foto von uns macht. Macht er, logo. Kein Problem.

Das Chlorhuhn ist auch im See in ihrem Element und happy!

Wir zwei Wasserratten sind selig. Soooo schön! Nach der ganzen Reiserei und Warterei ist der Abendschwumm die perfekte Belohnung. Wir können unser Glück gar nicht fassen. Es ist auch kein Salzwasser, in dem wir baden. Es ist Süßwasser. Wir waren in einem der „Arme“ vom Mälarensee.: am „Hornsberg Strand“.

Vor allem am nächsten Tag gibt’s nur ein Thema: Gut, dass wir gestern geschwommen sind!

23 Grad hatte das Wasser

Denn über Nacht kam ein ziemlich kalter und starker Nordwind auf, der die Temperaturen auf 17-18 Grad fallen ließ. Und weil’s so windig war, war’s auch recht ungemütlich, da stand uns nicht mehr die Laune nach schwimmen. Aber: Gut, dass wir gestern schwimmen waren!