Ist ein Chlorhuhn ohne Chlor ein Huhn? Oder bin ich ein Fisch mit Fahrrad? Oder ein verrücktes Huhn, das im Nebel im See schwimmt? Keine Ahnung. Ich bin jedenfalls nicht ich. Nicht ganz.
Ein Monat „Lockdown light„, von wegen „leicht“, es ist ziemlich schwer. Und natürlich wurden zum 1. Dezember viele Türchen geöffnet, aber nur im Adventskalender und nicht im Hallenbad. Dabei wäre das die einzige Tür, die sich öffnen soll. Wobei es ja klar war, dass die angekündigten vier Wochen nur der Anfang waren – kennen wir ja schon. Und auch am 20. Dezember, wenn die jetzigen Maßnahmen enden, wird wohl kein Schwimmbad öffnen. Dass die Zahlen nach Weihnachten und Silvester steil nach unten gehen, wage ich zu bezweifeln, eher schießen sie in die Höhe und wir können froh sein, wenn unsere Politiker uns immerhin zum Beginn der Freibad-Saison wieder schwimmen lassen.
Ja, ich bin frustriert. Maßnahmen, die nicht die gewünschte Wirkung haben, werden verlängert.

Ich war vergangene Woche jeden Tag im See schwimmen. Fünf bis sechs Minuten. Im Nebel, bei ungefähr 10 und 9 Grad Wassertemperatur. An Land war es frostig. Auf dem Radl bin ich fast festgefroren. Aber im Wasser war es schön. Der See hat so gedampft wie das Dantewinterwarmfreibad, nur dass das Wasser viel kälter war. Aber trotzdem wärmer als die Luft. Zum Glück bin ich ja erprobte Eisschwimmerin und keine Coronakaltwasserschwimmerin. Mein anfänglicher Trotz ist etwas gewichen. Im kalten See schwimmen ist besser als gar nicht schwimmen und besser als daheim sitzen.
Am Montag war es sogar richtig zauberhaft: Nach einer frostigen Nacht waren die Bäume weiß eingefrostet, der See dampft wie verrückt und die Sonne schaut zwischendurch raus. In der Stadt war dichter Nebel, aber am See hatte sie eine kleine Chance.

Vergangene Woche war es genau andersrum: Da bin ich bei Sonnenschein losgefahren und hatte die dichte Nebelwand vor mir und irgendwann war ich mittendrin. Aber ich wollte das durchziehen. Und das habe ich auch gemacht. Hauptproblem sind meine Hände. Die sind vom Radln eh schon kalt und sobald ich ins Wasser gehe und untertauche, sind sie auch hier eisig. Egal, ob ich 20 Sekunden oder ein paar Minuten schwimme. Und dann dachte ich mir eben auch: „Kalt ist es eh, also kannst du zumindest das Schwimmen etwas genießen.“ Das habe ich auch gemacht. Es war nämlich tatsächlich sehr schön. Ich bin dann hochkonzentriert und das ist dann schon fast meditativ. Sechsmal bin ich am Ufer entlang geschwommen. Immer zu dem Busch und der Parkbank hin und zurück zum Steg. Ich brauche immer eine Art „Ziel“. Auf den letzten Metern war’s dann oft kalt, die Bewegungen wurden eckiger. Aber dann wusste ich auch, dass es genug ist.

Ich habe auch überlegt, ob ich mir Mit-Schwimmer suchen soll. Allerdings weiß ich aus der Vergangenheit, dass ich in Begleitung dazu neige, kürzer zu schwimmen. Keine Ahnung, warum das so ist. Ich muss das alleine machen, ganz für mich. Deshalb schwimme ich nur am Ufer, wo ich stehen kann. Zur Not stelle ich mich hin und gehe zu Fuß an Land, sind ja nur ein paar Schritte.
Nach dem Schwimmen muss es schnell gehen. Ich bleibe solange wie möglich unter Wasser, denn das ist wärmer als die Luft. Besonders bei Ostwind! Dann das Handtuch um den Körper, die Schuhe anziehen und zu meinem „Lager“ gehen. So schnell wie möglich den Badeanzug ausziehen und die trockenen, warmen Sachen anziehen. Ich habe jetzt auch wieder eine Wärmflasche dabei. Und weil die während der Fahrt abkühlt, habe ich – haha – in einer Thermoskanne heißes Wasser dabei, das ich vor dem Schwimmen in die Wärmflasche fülle. So ist die schön warm und ich kann sie mir auf die Zehen legen. Die sind nämlich auch immer kalt. Außerdem ziehe ich so schnell wie möglich meine Handschuhe an. Die Finger sind das Hauptproblem und sobald filigrane Tätigkeiten erledigt sind, schlüpfe ich in die Handschuhe. (Weitere Tipps gibt’s hier.)
In einem Thermosbecher ist heißer Tee. Den Becher habe ich von meiner Schwester zu Weihnachten bekommen. Er ist inzwischen unverzichtbar.

Wenn es dann so ist wie am Montag, dass zwischen den Nebelschwaden die Sonne hervorspitzt, dann ist es perfekt. Denn dann spüre ich in mir das Kältekribbeln und den kalten Bauch und auf mir die Wärme der Sonne.


Gestern hat es in München dann geschneit. Nicht wirklich viel, aber genug, um auf der Straße liegen zu bleiben. Klar, es ist ja seit Tagen ziemlich kalt. In der Stadt war der Schnee am Nachmittag wieder weg. Und so war ich einigermaßen guter Dinge, dass ich zum See radeln kann. Aber naja… in den nördlichen Stadtteilen lag noch Schnee und natürlich auf den schönen Radlstrecken. Zudem war es echt glatt. Dann habe ich mein Fahrrad geschoben. Sicher ist sicher. Zwischendrin konnte ich auch wieder radln. Aber auf den letzten zwei Kilometern zum Regattabadesee war es unmöglich. Eis und Schnee, es war zu Fuß schon schwierig. Dazu der kalte Ostwind, der über die Felder wehte. Irgendwann dachte ich: Das hat keinen Sinn. Ich bin noch nicht mal da, der Rückweg zu Fuß wird noch länger. Also lieber mal zum Feldmochinger See schauen. An dem war ich schon vorbei, er lag also mehr oder weniger auf dem Heimweg. Ich mag den See aber nicht besonders, obwohl er eigentlich am schnellsten zu erreichen wäre.
Also schiebe ich mein Rad zurück, steige auf und radle, als es die Straßenverhältnisse erlauben. Meine Laune ist im Keller. Entweder Winterdienst oder Hallenbad öffnen – so geht es nicht! Und auf den Feldmochinger See hab ich keine Lust, aber 500 Meter Umweg sind jetzt auch egal. Also schaue ich hin. Auch hier wieder eisige Wege. Am See selbst starre ich etwa 10 Minuten aufs Wasser. Beobachte die Enten. Wäge ab. Hab ich Lust? Schwimmen wäre schon schön. Jetzt, wo ich bei diesen widrigen Umständen schon mal hier bin. Aber der See ist so komisch. Warum? Ach, keine Ahnung. Und jetzt hier im Schnee auf der Wiese alles hinlegen und ausziehen? Wo mir eh schon so kalt ist? Und dann wieder anziehen? Abtrocknen? – Ihr seht schon: Ich hatte keine Lust. Und dann bin ich umgedreht und hab mich auf den Heimweg gemacht.
Bereut habe ich es nicht, dass ich nicht geschwommen bin. Aber ich frage mich, ob es das jetzt war mit Schwimmen. Wenn ich mit dem Radl nicht zum See komme, bin ich aufgeschmissen. Auto habe ich keines und mit den Öffentlichen sind die Seen zum einen nicht gut zu erreichen, zum anderen meide ich die Busse und Bahnen auch ohne Corona schon.
Ich hoffe nicht, dass es das mit dem Schwimmen und Radln war. Sonst muss ich am Ende noch zum Joggen anfangen … und darauf habe ich noch weniger Lust …