Da wurde ich dann doch noch emotional, als heute im Schyrenbad auf einmal die letzten 500 Meter vor mir lagen. Denn das sind jetzt die letzten Meter im Freibad. Als die Saison vor gut zwei Wochen im Dantebad endete, war ich überhaupt nicht emotional. Es war mir natürlich nicht egal, ich fand es schon schade, dass das Sommerbecken schließt. Aber weil ich ja wusste, dass im Schyrenbad und in Fürstenfeldbruck noch geöffnet ist, war es nur ein Teil-Abschied. Aber heute musste ich, ganz ehrlich, fast schon eine Träne in der Schwimmbrille verdrücken.
Zeit für ein kleines Fazit. Denn auch dieser Sommer war noch nicht „normal“, sondern von Corona geprägt. Das fing damit an, dass die Freibäder zum 1. Mai nicht wie gewohnt öffnen konnten. Sie wussten noch nicht mal, ob und wann und wie sie überhaupt aufmachen können. In München war man mit den Vorbereitungen beschäftigt, ich durfte für einen Radiobericht kurz zuschauen. Und dann kam aus heiterem Himmel am 12. Mai die Nachricht, dass die Bäder zum 21. Mai öffnen dürfen. Juhu! Das ist ja absehbar und die Stadtwerke München hatten es tatsächlich geschafft, dass ein Teil der Freibäder, darunter mein geliebtes Dantebad, pünktlichst öffnen konnten. Das war natürlich der Hammer und alle, die ich getroffen habe, waren froh, dass sie wieder schwimmen konnten. Ich freilich auch, denn das Winterschwimmen im See ist halt doch was anderes …
Und dann war ich, bis auf einen Tag, jeden Tag im Freibad. Bei Hitze und Sonne im Juni, bei Wolken im Juli, bei Kälte und Regen im August und jetzt im September, als es richtig sommerlich wurde. Da wurden dann auch die Corona-Beschränkungen aufgehoben, so dass manchmal mehr los war als mir lieb war. Aber mei, irgendwann ist auch das Gute im Schlechten vorbei.
Und heute, ja, da war ich im Schyrenbad, wie auch die vergangenen Tage. Da ist es oft chaotisch, vor allem am Sonntag war’s schon vormittags gut besucht und jeder wollte der erste sein. Da habe ich dann nach zwei Kilometern aufgehört. Doch unter der Woche ging’s jetzt ganz gut; das Wetter war nicht immer prächtig und irgendwie waren da immer dieselben Leute – sozusagen ein Vormittagsteam, in das ich mich schnell eingegliedert habe.
Heute Nacht war es ziemlich kalt, unter 10 Grad, und auch am Vormittag war die Luft noch herbstlich-frisch. Ich bin trotzdem im Bikini geschwommen. Denn das Wasser im Schyrenbad war warm. Also, nicht zu warm, aber wärmer, als ich es in Erinnerung hatte. Als ich dann einige Bahnen Rücken geschwommen bin, wurde meine Nase richtig kalt, das war lustig! Der restliche Körper ist aber nicht ausgekühlt, so dass ich ganz gelassen meine Bahnen ziehen konnte. Kurzzeitig war mal etwas mehr los, da dachte ich schon das Schlimmste. Aber die Neuankömmlinge, die alles durcheinandergebracht haben, sind dann zum Glück so schnell wieder weg gewesen wie sie gekommen sind. Und mit den Stammgästen klappt es meistens reibungslos.
Ich habe auch den Eindruck, dass ich in den vergangenen Tagen schneller geschwommen bin oder eher: mich mehr angestrengt habe. Denn im Schyrenbad gibt’s im Gegensatz zum Dantesommerbecken drei abgetrennte Bahnen; ich war meistens auf der mittleren. Und einer der Stammgäste auf der Bahn rechts schwimmt ungefähr so schnell wie ich. Da habe ich versucht mit- und gegenzuhalten. Das ist ein schöner Ansporn und ich habe mich gefreut, als ich den Abstand zu ihm immer weiter vergrößern konnte. Und ich habe mich körperlich gut gefühlt. Die Anstrengung, der Anreiz – das war gut!
Andere Bäder
Ähnlich wie vergangenen Sommer war ich auch dieses Mal fast nur im Dantebad. Ein paar „Ausflüge“ gab’s aber. Zweimal Germering, das war sehr schön und an deren ersten Wochenende war das Wasser noch recht frisch. Aber für mich ist das prima! Und dann an deren letzten Wochenende, da war das Wasser wieder normal warm, es war leicht bewölkt und so konnte ich ganz einsam meine Bahnen ziehen.
Das Freibad in Freising wurde für meine Schwimmfreunde Jakob und Cissi zu ihrem „Wochenendbad“. Entdeckt hatte ich das Bad im Sommer 2019 und dann Jakob den Tipp gegeben. Tja – und dann hat er sein Herz hier verloren. Es ist auch wirklich schön und vor allem kann man eigentlich immer ungestört schwimmen.
Acht Bahnen, alle mit Leine. Ich war da heuer auch drei Mal dort. Und die An- und Abreise war immer unterschiedlich. Nach Freising sind es von mir 38 Kilometer, die erste halbe Stunde muss ich durch München radln, dann geht’s die restliche Strecke einfach nur auf dem Isarradweg weiter. Ich muss sagen, dass mir die Entfernung und die Schotterstrecke schon Respekt eingeflößt haben. Denn die 25 bis 30 Kilometer nach Fürstenfeldbruck waren schon immer ein Ritt, aber das war auf Asphalt. Nun ja … es gibt ja immer mal wieder Zufälle im Leben und so einer kam dann im Juli. Meine Schwimmfreundin Diana war zu Kaffee und Kuchen in Freising eingeladen und hatte die Idee, dass sie mich und mein Rad im Auto mitnimmt (sie hat einen Fahrradständer!), wir schwimmen gemeinsam, sie geht zu Kaffee und Kuchen (ohne mich, ja, ich weiß, gemein!) und ich radle zurück. So habe ich nur die Heimfahrt und sehe die Strecke. Gesagt – getan!
Das Schwimmen in Freising war herrlich! Wir zwei haben uns eine Bahn geteilt, keiner kam und wollte uns stören. Es war einfach nur prima!
Und dann ging’s an die Heimfahrt. Sehr idyllisch, immer flussaufwärts an der Isar entlang. Weil das Wetter nicht so schön war, waren auch kaum andere Leute unterwegs. Die Idylle wurde allerdings jäh vom Lärm der Flugzeuge durchschnitten – ich glaube fast, dass es in der Innenstadt-Isar in München ruhiger ist …
Allerdings zieht sich die Strecke ganz schön, weil es keine markanten Wegpunkte gibt, die die Strecke etwas aufteilen.
Der zweite Besuch in Freising war sozusagen mein Geburtstagsgeschenk. Diana und ich sind mit dem Auto hin und zurückgefahren. Das ist ein Luxus (und auch eine Art von Verschwendung), den ich mir nur ganz selten gönne. Gelohnt hat es sich aber, weil wir wieder in herrlichster Ruhe unsere Bahnen ziehen konnten.
Anfang September wurde nicht nur das Wetter besser, es wurden eben auch die Corona-Beschränkungen aufgehoben, das heißt: Es gab keine Besucher-Obergrenze mehr im Freibad, sozusagen alles wie früher. Und da dachte ich mir, dass ich es noch einmal wage und ins Freisinger Freibad fahre – beide Strecken mit dem Fahrrad! Ich bin mental darauf vorbereitet und auf dem Hinweg geht’s auch recht schnell. Allerdings sind schon am Vormittag bei bestem Sonnensonntagswetter viele andere Radler, Fußgänger und Hunde unterwegs. Jakob hat dann eine Alternativroute für mich, die ich auf dem Heimweg ausprobieren möchte.
Am Eingang gab’s dann aber erst eine Überraschung! Nein, keine Schlange von Menschen, sondern ein Schild. Darauf steht die Wassertemperatur: 21 Grad. Hui! Das ist frisch, fast wie in Dachau. Naja. Wird schon gehen, denke ich mir. Denn das Becken ist in der Sonne, so dass ich von oben Wärme bekomme.
Im Dantebad ist die Schwimmerbahn im Spätsommer schon total im Schatten. Als ich ins Wasser eintauche, merke ich, dass es kalt ist. Klar! Ich starte, es ist kalt, es kribbelt, aber das Wasser trägt gut. Und je mehr ich schwimme, desto besser fühlt es sich an. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich die Bahn für mich alleine hatte … und irgendwie erinnert es mich an das Freibad in Dachau. Da ist das Wasser auch oft kalt. Und so ziehe ich Bahn um Bahn und komme in einen totalen Rausch! Und weil ich so im Flow bin, schaffe ich tatsächlich meine geplanten 3.000 Meter und bin am Ende total glücklich.
Gestärkt mit Vollkornbrot und Banane trete ich die Heimfahrt an. Ich bin guter Dinge, dass ich die von Jakob beschriebene Route finde. Doch irgendwie war ich zu optimistisch, verpasse anscheinend die entscheidende Abzweigung und muss nach dem Weg fragen. Dann klappt es ganz gut, ich komme an dem Weiher vorbei, den er erwähnt hat. Jetzt kurz zurück auf den Isarradweg, ah, da ist der Wegweiser, in 500 Metern soll’s losgehen. Aber: Hier ist nichts! Eine große Straße, kein Wegweiser, kein gar nichts … was nun? Ich entscheide mich, anscheinend falsch, und bin im Nirgendwo. Zum Glück treffe ich bald auf andere Radlerinnen, ich kann sie ein Stück begleiten, dann muss ich mich selbst wieder zurechtfinden. Und irgendwann kommt ein Wegweiser: Feldmochinger See: 25 Kilometer. Yeah! Da will ich hin! Und „oh nein!“ – vom Feldmochinger See zu mir sind’s auch noch 10 Kilometer. Ich bin also noch lange nicht daheim … und so trete ich weiter fleißig in die Pedale. Hunger macht sich bemerkbar, meine Trinkflasche könnte auch voller sein … und irgendwann bin ich an der Ruderregattastrecke! Hier kenne ich mich aus – und muss noch 45 Minuten radln. Und tatsächlich bin ich irgendwann daheim. Ein Blick auf die aufgezeichnete Strecke zeigt: 49 Kilometer. Das war ein wahrlich sportlicher Tag, das Essen war da besonders fein!
Weniger abenteuerlich waren meine Ausflüge nach Fürstenfeldbruck. Da hatte das Freibad eine Woche länger auf als in München (leider nicht bis Mitte Oktober wie vergangenes Jahr) und so war ich da am Dienstag, Freitag und das Wochenende. Und ich konnte immer ganz ungestört schwimmen. Auch hier sind alle acht Bahnen geleint und meine Sorge, dass sich dann auch die Brustschwimmer-Opas und Omas unter die Sportler mischen, stellt sich als unbegründet heraus. Unglaublich aber wahr: Ich fange in einer Bahn zu schwimmen an und sehe erst unter Wasser, dass hier auch jemand schwimmt (die Sonne hat zu sehr geblendet). Und bevor ich es überhaupt so richtig registriere, verlässt der ältere Herr die Bahn und gesellt sich zu den zwei älteren, gemächlichen Brustschwimmerinnen neben mir. Ich habe die Bahn für mich! Sowas! Und als wenige Minuten später ein anderer älterer Herr kommt, passiert das: Er wendet immer unterwegs, so dass ich ihn nie überholen muss. Irgendwie ist’s wie beim Hase und Igel – nur dass er immer hinter mir ist. Ich bin total begeistert! Auch meine Schwimmfreunde haben ähnliche Erfahrungen gemacht, dass man im Umland irgendwie mehr aufeinander achtet und das Schwimmen dann für alle entspannter ist. Und ich selbst bin auch entspannter, gelassener. Mit zwei älteren Damen komme ich dann noch ins Gespräch, es ist sehr angenehm und am nächsten Tag winken sie mir zur Begrüßung schon zu.
Fazit
Und naja. Jetzt ist der Freibad-Sommer 2021 vorbei. Ich habe jeden Tag genutzt und war an 132 Tagen im Becken. An meinem „Fehltag“ war ich lange mit dem Rennrad unterwegs und dann kurz im Waldschwaigsee – also auch im Wasser. In der ganzen Zeit sind 380 Kilometer zusammengekommen, eine stattliche Zahl, denn man muss ja bedenken, dass ich anfangs erstmal nur zwei Kilometer geschwommen bin nach der langen Pause seit 1. November.
Und jetzt? Warmes Wasser im Dante-Stadionbecken oder in die Olympiaschwimmhalle. Und natürlich in den See. Das Training fürs Winterschwimmen fängt jetzt an. Ich bin gespannt, wie warm das Wasser noch ist und wer von den Corona-Winterschwimmern auch heuer am See sein wird.