Das Jahr 2020 hat relativ normal angefangen, ich war am 2. Januar das erste Mal schwimmen. Den ganzen Februar war ich sehr fleißig, ich bin in den 29 Tagen 70 Kilometer geschwommen. Im März wurden es noch 42 Kilometer und dann war plötzlich Schluss! Corona. Alarm. Lockdown. Hallenbad dicht (und noch viel mehr). Keiner wusste, wie lange es dauern würde. Ich habe die Zeit zum Rennradfahren genutzt, das Wetter war herrlich, dazu fast kein Verkehr. Ideal.
Irgendwann wuchs aber die Sehnsucht nach dem Wasser. Der 1. Mai 2020 war sehr traurig, denn es war kein Freibad geöffnet, es gab noch nicht einmal eine Perspektive. Und normalerweise gehe ich am 1. Mai ins Freibad. Tja, normal war 2020 gar nichts.

Dann endlich die frohe Botschaft: Die Freibäder können ab 8. Juni öffnen. Juhu! Ich hab mich gefreut wie ein kleines Kind. Die Freude wurde etwas getrübt, weil die Münchner Bäder „schlechtes Wetter“ vorschoben und erst drei Tage später öffnen wollten. Ohmann. Ja, da kann man jetzt sagen: Was sind drei Tage, wenn man eh schon drei Monate nicht schwimmen konnte. Aber ich wollte nicht länger warten, also auf nach Germering, wo das Bad pünktlich am 8. Juni geöffnet hat! Endlich Freibad! Strahlende Gesichter überall! Und dann im Wasser, so schön! Und: so anstrengend! Mann, eine 50-Meter-Bahn ist tatsächlich ganz schön lang und drei Kilometer eine ziemlich lange Strecke. Das wollte ich nie wahr haben, jetzt wurde es bittere Realität. Also: klein anfangen, erstmal nur zwei Kilometer schwimmen. Sich wieder an die Anstrengung und Bewegung gewöhnen.
Das ging zum Glück recht schnell und als ich endlich wieder im Dantesommerbecken schwimmen konnte, wäre mir ja fast die Schwimmbrille verrutscht, weil ich die ganze Zeit so grinsen musste.

Den Freibad-Sommer habe ich täglich genutzt. Ich wollte keinen Tag verpassen, wer weiß, was kommt? Und so wurden es 115 Tage am Stück und 313 Kilometer im Freibad. Ein paar extra Kilometer im Freibad kamen im Oktober in Fürstenfeldbruck noch dazu. Da war nach ein paar kalten Nächten das Wasser etwas „frisch“, ein gutes Training fürs Eisschwimmen.

Und gerade, als ich mich mit den Doppelbahnen und der Situation im Oly angefreundet hatte, kam die Schreckensmeldung: Ab 2. November gibt’s einen „Lockdown light“, der für uns Schwimmer schwere Konsequenzen hatte: Bäder und andere Sportstätten müssen schließen. Vorerst nur im November. Aber da war eigentlich klar, dass der 1. November unser 31. Dezember ist. Zeit für die Jahresbilanz. Ich wollte nicht ganz so schwarz sehen, deshalb schreibe ich den Blogeintrag erst jetzt. Aber die Zahl ist dieselbe wie am 1. November: 535 Kilometer.
Das ist eine schöne Zahl (ihr wisst ja vielleicht, dass ich eine Schwäche für schöne Zahlen habe). Und es ist angesichts der Einschränkungen und Schließungen auch eine gute Zahl. Über 500 Kilometer, das hätte ich im April nicht gedacht. Ich will gar nicht daran denken oder ausrechnen, wie viele Kilometer es in einem „normalen“ Jahr geworden wären. Vergangenes Jahr waren es 834, also fast 300 mehr. Aber das war auch verrückt.
Kann man ein Fazit in diesem Corona-Jahr ziehen? Mir ist bewusst geworden, wie wichtig mir das Schwimmen ist. Für meinen Körper, für meinen Geist, für mein Wohlbefinden und mein Sozialleben. Es entspannt meinen Rücken, meine Gedanken werden frei, neue Ideen kommen. Ich fühle mich wohl, wenn ich Sport gemacht habe, ich genieße die Schwerelosigkeit, das Gleiten und die Kraft im Wasser. Die Ruhe, die entsteht, wenn ich den Kopf unter Wasser habe und Geräusche nur gedämpft wahrnehme. Die Freude, wenn meine Freunde auch im Wasser sind und an mir vorbei schwimmen. Die Bewunderung, wenn ein Schwimmer (oder Schwimmerin) da ist, die besonders gut und schön schwimmt. Der Ehrgeiz, der mich manchmal packt und ich dann schneller oder länger schwimme. Und besonders natürlich das Gefühl, wenn es „läuft“, wenn ich mich so fühle, als könnte ich ewig schwimmen. Das alles habe ich zwar gewusst, aber so richtig bewusst geworden ist es mir durch den erzwungenen Verzicht. Schwimmen ist etwas, das man durch nichts ersetzen kann – und das ich auch nicht missen möchte. Hoffentlich ist es bald wieder möglich, dass ich meine Bahnen ziehe.

Übrigens gab es auch mal ein „normales“ Jahr, in dem ich ganz knapp keine 500 Kilometer geschafft habe:
2017 war das. Da war irgendwie der Wurm drin und am Ende standen „nur“ 498 Kilometer in der Bilanz. Schlimm? Nein.