Monatsarchiv: Mai 2019

Sauna in Estland

Die Sauna ist in Estland mindestens so wichtig wie in Finnland. Und auch hier ist die Rauchsauna ist die älteste Art der Sauna. Als ich im Oktober in Tallinn war, durfte ich eine ganz besondere Rauchsauna besuchen. Die steht im Garten von Adam und Anni.

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Adams und Annis Sauna in Tallinn

Immer samstags können Gäste kommen. Die Rauchsauna sieht aus wie ein Iglu aus Holzschindeln. Es ist ein modernes estnisches Design, sogar in Finnland wird diese Sauna verkauft. Und auch David Beckham hat sich genau diese Sauna gekauft – außen modern, innen traditionell!

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Außen modernes Design, wie ein Holzschindeliglu – innen alte Tradition: die Rauchsauna von Adam und Anni

Als ich ankomme, ist Adam schwer beschäftigt, denn er heizt den Ofen an. Bevor man den Kamineffekt kannte, wurde der Ofen angeheizt, der Rauch füllte den Raum und hat ihn gleichzeitig gereinigt. Er begrüßt mich freudig: „Mein Name ist Adam Rang, ich wohne hier, das ist mein Zuhause. Wir sind stolz, dass wir hier eine Rauchsauna haben, und wir freuen uns, dass du hier bist. Ich sollte vielleicht noch sagen, dass ich Este bin, aber nicht estnisch klinge. Meine Familie hat Estland vor gut 70 Jahren verlassen. Ich bin vor drei Jahren hierher gekommen und jetzt nehme ich die Verbindung zu meinen Estnischen Wurzeln auf – und ein Teil davon ist die Sauna.“

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Adam ist stolz auf seine Rauchsauna

Eine Rauchsauna ist viel Arbeit. Nix mit: Schalter umdrehen, warten und rein. Nein, hier wird der Ofen mit Holz geheizt, ganze vier Stunden dauert es. Dadurch werden die riesigen Steine im Ofen durch und durch heiß. Dann wird gründlich durchgelüftet, so dass der Rauch abzieht. Adams Freundin Anni macht jetzt den ersten Aufguss „Karm“: „Wenn die Sauna beheizt ist, und das Feuer im Ofen aus ist, wird der Rauch rausgelüftet. Und auch der erste Aufguss wird rausgelüftet. Auf den Steinen liegt die Asche, die wird so abgewaschen, bevor dann die Leute reinkommen.“

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Ganze vier Stunden wird der Ofen in der Sauna befeuert.

Es brennt in den Augen, Aschepartikel wirbeln durch die Luft. Und wenn Anni mit dem Reinigungsaufguss „Karm“ fertig ist und der Rauch rausgelüftet ist, halten die Steine die Wärme – oder vielmehr die Hitze – ganze vier Stunden!

Und dann ist es endlich soweit. Wir haben uns ausgezogen und sitzen auf den Holzbänken in der Sauna. Die Holzwände sind schwarz vom Ruß. Eine angenehme, weiche Wärme umgibt mich. Nicht nur die Wärme vom Saunaofen, sondern auch eine menschliche Wärme. Adam und Anni sind mir sofort sympathisch. Sie erzählen gern von sich. Die Rauchsauna wollen sie Freunden und auch Fremden näherbringen, immer samstags kann man sie buchen und mit dem Pärchen schwitzen und ratschen. Ratschen ist nämlich ein wichtiger Bestandteil in der Sauna. Ganz anders als hier in Deutschland. Anni hat ein Semester in Hamburg studiert. Und die Sauna vermisst. „Weil es nicht so verfügbar war wie hier in Estland, in deinem Zuhause. Die deutsche Sauna-Kultur ist auch komplett anders als ich es von daheim kenne. Das gibt’s da nicht. Und als ich zurückkam, ging ich hier sehr oft in die Sauna.“

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Alles, was man für die Sauna braucht: Holz, Saunahut und ein Wassereimer für den Aufguss

Ursprünglich diente die Sauna vor allem der Körperhygiene. Es ist eine alte Tradition in Estland, und Anni, die hier in Tallinn aufgewachsen ist, war schon als Kind zum ersten Mal in der Sauna. An ihren ersten Besuch kann sie sich – wie viele ihrer Landsleute – nicht erinnern. Wenn die Gäste aus aller Welt kommen, ist es anders. Die wissen sofort, wann sie zum ersten Mal in einer Sauna waren. Es ist ein bewusstes Erlebnis, oft mit gemischten Gefühlen. Und ich kann da gut zustimmen: Ich kann mich nämlich auch gut an meinen ersten Sauna-Besuch erinnern. Da war ich 17. Inzwischen hat Anni aber einen Aufguss – Leil – gemacht.

Das ist hier in Estland auch komplett anders als ich es aus Deutschland kenne, es ist wie in Finnland. Keine Show, kein Handtuchgewedel. Mit einer langen Schöpfkelle lässt Anni das Wasser auf die Steine klatschen – und dann zischt es herrlich. Wir lauschen gebannt. Und genießen den Dampf, der sich langsam von oben auf uns legt. Und dann hat Anni noch etwas, ohne das die Esten nicht in die Sauna gehen: Bündel aus Birkenzweigen. Die stecken mit den Blättern voran in einem Wassereimer. Anni zieht das Bündel heraus, lässt sie über den heißen Steinen abtropfen. Ein betörender Duft erfüllt die Sauna. Der Frühlingswald hält Einzug. Doch es kommt noch besser! Ich bekomme auch ein Bündel und Anni zeigt mir, wie man sich damit auspeitscht.

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Es gibt Birken- und Eichenwedel. „Viht“ heißt das auf Estnisch.

Sie schlägt sich mit dem Bündel auf den Arm, von der Hand aufwärts zur Schulter. Dann die andere Seite. Und dann von den Füßen über die Waden zu den Oberschenkeln. Die ätherischen Öle aus den Birkenblättern verteilen sich im Raum. Es riecht unbeschreiblich! Blätter fliegen auf den Boden, es klatscht auf der nassen Haut. Jetzt probiere ich es auch. Anfangs fühlt es sich seltsam an. Doch nach 2 bis 3 Schlägen komme ich in den Genuss. Es tut gut! Es regt die Durchblutung an. Und gleichzeitig dieser Birkenduft. Direkt aus den Blättern, nicht von einer künstlichen Essenz. Wir schauen auch nicht auf die Uhr, sondern bleiben so lange in der Sauna, wie es sich gut anfühlt.

Und irgendwann ist es einfach zu heiß! Ich schnappe mir mein Handtuch und gehe raus. Direkt an die frische Luft, in den Garten. Durchschnaufen. Schön! Anni und Adam haben auch so einen riesigen Holzzuber. Eigentlich könnte man das Wasser da auch beheizen, aber sie nutzen es lieber zum Abkühlen.

Eine gute Idee – und schon bin ich im Wasser! Ich bleibe ein bisschen sitzen, warte, bis sich mein Puls beruhigt und gehe dann wieder raus. Am Gartentisch hat Anni selbstgemachten Beerensaft, Wasser, Brot und Kräuterbutter bereitgestellt. Wir setzen uns und Adam erzählt von seiner Familie, die 1944 aus Estland nach England geflohen ist. Adam ist in Sussex aufgewachsen. Estnisch hat er in England nicht gelernt. „Mein Estnisch ist schlecht. Mein Vater hat es nie gelernt. Und als sein Vater nach Großbritannien kam … die baltischen Flüchtlinge haben hart gearbeitet, um beim Wiederaufbau Englands zu helfen. Deshalb war mein Großvater nicht daheim, um die Sprache weiterzugeben, also hat mein Vater kein Estnisch gelernt und ich auch nicht. Aber wir waren Estland die ganze Zeit verbunden, weil wir an die Unabhängigkeit geglaubt haben. Und jetzt lebe ich in Estland und ich hab sprachlich einiges aufzuholen. Estnisch ist eine schöne, aber unglaublich schwierige Sprache. Ich lerne es und meine Freundin Anni hilft mir dabei.“

Annis Familie ist nicht ausgewandert. Aber mit Adams Familiengeschichte fügt sich für die 28-Jährige ein weiteres Puzzleteil in die Geschichte ihres Landes: „Meine Familie ist geblieben, meine beiden Großväter wurden nach Sibirien deportiert und das sind Geschichten, die jeder hier hat. Als ich Adam kennengelernt habe, lernte ich den anderen Teil der Geschichte kennen: Was ist mit denen passiert, die geflohen sind? Jetzt vervollständigt sich das Bild, das finde ich sehr interessant.“

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Im Interview mit Anni und Adam habe ich viel Interessantes über Estland erfahren.

Adam ist jetzt 32 Jahre alt. Er fühlt sich in Estland nicht nur zuhause, er arbeitet sogar für die estnische Regierung. Sein Job: Das Programm „e-residency“ bekannter zu machen. E-residency heißt, kurz gesagt, dass man ein virtueller Bürger Estlands werden kann, um dann die Dienstleistungen der estnischen Regierung in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel, wenn man ein Start-Up gründen will. Hier ist Estland mal wieder Vorreiter. Und auch wenn Adams Arbeit sehr zukunftsorientiert ist, denkt er viel darüber nach, wie sich Europa in den letzten 30 Jahren verändert hat. Denn diese Veränderungen haben das Leben von ihm und seiner Familie in unterschiedlicher Weise betroffen: „Als mein estnischer Großvater 1982 starb, gab’s kaum Hoffnung auf estnische Unabhängigkeit. Aber wie es so ist, es passieren seltsame Sachen und die Welt ändert sich und jetzt ist Estland wieder ein freies Land und wir können wieder hier leben und ein gutes Leben genießen. Wir hoffen, dass es so bleibt.“

Estland bietet viele Möglichkeiten, die Enkelgeneration findet Arbeit in der IT-Branche, viele Jobs sind englischsprachig. Und während es für Adam hier in Estland gut läuft, steht das Land, in dem er aufgewachsen ist, mit dem Brexit vor ganz eigenen, großen Problemen. „Als ich meinen Estnischen Pass bekommen habe, haben mich die Leute in Großbritannien ausgelacht: Was willst du damit? Was kann der? Und vor ein paar Jahren haben wir gewitzelt, was wäre, wenn Großbritannien aus der EU austritt. Und ich dachte, dann wäre der estnische Pass ganz nützlich. Jetzt macht keiner mehr Witze und meine estnische Staatsbürgerschaft ist unglaublich wertvoll. Aber ich bin wirklich stolz, dass ich sie habe und in Estland lebe.“

Wir gehen jetzt noch mal in die Sauna und genießen die Wärme und die wohlige Stimmung. Zum 100. Geburtstag wünscht sich Adam für Estland, dass es bekannter wird: „Als ich ein Kind war, hatte kaum jemand was von Estland gehört, besonders in Großbritannien und anderen Teilen der Welt. Und wir sagen oft, je mehr Menschen uns auf der Landkarte finden können, desto schwieriger ist es, von der Landkarte gewischt zu werden. Immer mehr Menschen entdecken jetzt Estland und mein Wunsch zum Geburtstag Estlands ist, dass uns noch mehr Menschen auf der Weltkarte finden können.“

Dann heißt es für mich leider Abschied nehmen. Aus der Sauna und aus Estland. Ein Land, das trotz der vielen digitalen Dienste mehr ist als nur „Nullen“ und „Einsen“. Das im Grundgesetz den freien Internetzugang für alle verankert hat, in dem man die Steuererklärung online erledigt und in wenigen Klicks eine Firma gründen kann. Das aber trotzdem von Gastfreundschaft und menschlicher Wärme geprägt ist. Und für viele – wieder – zur Heimat wird.

Einen ausführlichen Bericht über Estland habe ich übrigens für die radioReisen von Bayern 2 gemacht. Zu hören diesen Sonntag, 12. Mai 2019, um 13.05 Uhr. Oder allzeit als Podcast.


Schneesturm im Freibad

Zum Glück war das Wetter am 1. Mai schön und sonnig. Denn sonst hätte das Freibad wohl noch nicht offen – vor drei Jahren wurde es aufgrund des Wetters später geöffnet. Timing ist also alles. Und so kam es, dass ich gestern im Schneesturm geschwommen bin. Denn der Winter meinte, dass er in München nochmal vorbeischaut. Es war kalt, aber trocken, als ich ins Freibad geradelt bin. Kurz vor der Ankunft fallen die ersten Tropfen. Ich bete: Bitte, bitte, bitte – nicht jetzt, sondern in fünf Minuten. Und werde erhört.

Im Freibad höre ich unter dem Dach der Umkleide (die auch draußen ist) ein prasselndes Geräusch und sehe einen Vorhang von Regentropfen. Die verwandeln sich in harte Schneeflocken, als ich im Badeanzug über die Wiese zum Becken laufe. Es ist ganz schön kalt, etwa 6 Grad. Trotzdem freue ich mich. Denn beim Schwimmen wird das sicher toll mit dem Schnee. Und dann fällt mir ein, dass ich das ja kenne – aus dem Winterwarmfreibad Dante. Aber da ist das Wasser warm, sehr warm: 32 Grad. Hier im Schyrenbad hat es wohl 24 Grad. Das ist viermal so warm wie die Luft, deshalb schnell abtauchen und losschwimmen. Ich starte viel zu schnell, muss mich mäßigen. Jetzt bin ich ja erstmal unter Wasser, alles ist gut. Und anfangs recht kalt. Übrigens bin ich nicht die einzige Schwimmerin. Wir sind etwa zehn bis zwölf Leute, gut verteilt im Becken. Es sind zwar auch einige SchwimmerInnen (so genau sieht man das nicht) im Neoprenanzug da, doch es gibt mehr Schwimmer der Badehosen/Badeanzug-Fraktion.

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Ein Archivbild, aber ungefähr so war das Wetter am Wochenende in München. Grau und kalt.

Das Schwimmen klappt gut. Ich habe meinen Rhythmus gefunden, mir ist nicht wirklich kalt und ich schwimme eine Bahn nach der anderen. Einzig die Beckenaufsicht tut mir leid. Denn draußen ist es jetzt echt unangenehm. Es schneestöbert und vorhin waren die Flocken auch recht hart. Die Männer und Frauen stehen mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze im Schneeregen und passen auf, während wir Schwimmer fröhlich (das trifft zumindest auf mich zu) ihre Bahnen ziehen. Das Gute an dem kalten Wasser ist, dass ich mich total aufs Schwimmen konzentriere. Ich kann an gar nichts anderes denken, alle anderen Gedanken sind weg. Es geht – übertrieben gesagt – ums Überleben. Ein Zug nach dem anderen, immer weiter, immer weiter bis zur Wende und dann zurück.

Auf einmal wird es hell im Edelstahlbecken. Der Schneesturm ist vorbei und die Sonne schiebt sich zwischen den grauen Wolken hervor. Nicht ganz, nur eine silbrige Scheibe ist zu erahnen. Aber unter Wasser wird es gleich merklich heller. Wie habe ich das vermisst! Diese Lichtwechsel, wie es sie nur bei Bewölkung gibt. Ich muss grinsen, denn jetzt habe ich prima Schwimmwetter, es läuft und ich habe inzwischen auch eine Bahn nur für mich allein. Allerdings darf ich nicht zu heftig grinsen, denn wenn sich die Backen zu sehr bewegen, verrutscht die Schwimmbrille. Übung macht den Meister!

Nach 2.500 Metern ist aber Schluss für heute. Normalerweise schwimme ich ja 3.000 Meter, aber ich merke schon nach 2.000 Metern, dass mir die Kräfte schwinden. Ich bin vielleicht zu schnell geschwommen, die Kälte hat ebenfalls Energie gezogen. Die Sonne ist nicht wirklich durch die Wolken gekommen, es ist bewölkt, aber trocken. Obwohl ich muss, will ich nicht aus dem Becken. Denn an Land ist es kälter, der Weg zur Umkleide ist weit. Ihr kennt das vielleicht morgens beim Aufstehen, wenn das Bett schön warm und kuschelig ist und die Luft im Schlafzimmer kalt. Aber es hilft nichts, also raus. Langsam, um den Kreislauf kurz an die aufrechte Stellung zu gewöhnen. Und dann fix, fix, fix zur Umkleide. Der Weg wird immer länger statt kürzer. Ist das kalt. Mannomann, was hab ich da bloß wieder für einen Irrsinn gestartet?

Dann ab unter die Dusche. Die ist schön warm. Es tut gut, das warme Wasser auf der Haut zu spüren. Meine Füße sind kalt, der Betonboden im Schyrenbad ist auch in der Dusche kalt. Und es gibt eine weitere Überraschung: Mein Duschgel ist kalt! Als ich es aus der Flasche auf die Hand gebe, erschrecke ich fast, so kalt ist es. Aber kein Wunder! Die Umkleide ist ja auch draußen, nur ein Dach drüber. Und wenn es etwa 6 bis 8 Grad hat, dann ist das wie im Kühlschrank. Da wird das Gel gekühlt. Wieder ein neues Erlebnis.

Beim Heimfahren habe ich Glück – es schneit nicht, es regnet nicht. Ich bleibe trocken. Also ein besseres Timing als am Samstag. Da konnte ich bei Sonne schwimmen und beim Heimradeln hat’s geregnet. Das war nicht so schön, denn kalt war mir da auch. Und dann noch nass. Jetzt komme ich zwar kalt, aber trocken heim. Und freue mich auf morgen. Denn auch da hat das Freibad offen – mal sehen, wie viele Verrückte dann mit mir schwimmen!


Maifeiertag – Freibadfeiertag

Schon seit einigen Jahren fiebere ich dem 1. Mai entgegen. Also, jedes Jahr aufs Neue. Und zwar nicht, weil es zwar „Tag der Arbeit“ heißt und ein freier Tag ist, sondern weil es meist der erste Tag im Freibad ist. Letztes Jahr war das anders, da war schon früher geöffnet, weil es ein langes Wochenende war. Heuer ist der 1. Mai ein Mittwoch und somit wieder der erste Freibadtag. Sogar mit Sonne und recht warmen Temperaturen. Und was heißt das fürs Chlorhuhn? Auf ins Schyrenbad natürlich!

Nachdem ich am 23. April das letzte Mal in der Olympiaschwimmhalle war (und damit hoffentlich das letzte Mal „unter Tage“ wegen des Umbaus), war ich einige Tage in Dresden. Dort bin ich Rad gefahren, schwimmen war ich nicht. Und so war ich heute quasi „ausgehungert“, nach über einer Woche ohne schwimmen.

Am Schyrenbad empfängt mich zum Glück keine Menschenschlange (hätte mich bei dem schönen Wetter nicht gewundert), sondern ein Schild – mit dem ich schon fast gerechnet habe: 21 Grad Wassertemperatur.

Abschreckung oder Einladung? 😉

Es war kühl die letzten Tage (habe ich gehört, ich war ja nicht da). Ich denke mir: egal, wird schon gehen. Und zur Not nur zwei statt drei Kilometern. Das hatte ich auch schon mal. Wenn man so viele Jahre schwimmen geht, kennt man irgendwie schon alles…

Das Schyrenbad hat seit letztem Sommer drei Bahnen für Schwimmer (nicht mehr nur zwei) und als ich ankomme, ist auf allen drei Bahnen relativ viel los. Aber es scheint geordnet zuzugehen und so starte ich meine Freibadsaison.

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So war’s 2018 im Schyrenbad. Heute nicht ganz so voll.

Hui… doch ganz schön frisch, die 21 Grad. Obwohl von oben die Sonne lacht. Wohlweislich hatte ich schon meine Ohrenstöpsel eingepackt und in die Ohren gesteckt. Denn mit dem kalten Wasser im Ohr ist mir schon mal schwindelig geworden. Nach ein paar Bahnen habe ich mich an das kalte Wasser gewöhnt, lediglich meine Fußsohlen sind kalt. Aber das macht mir nichts, ich fühle mich wohl und kann recht friedlich schwimmen. Ich spüre das kalte Wasser an mir, ich gleite hindurch. Und dazu scheint die Sonne von oben auf mich. Ich spüre die warmen Strahlen durch die Wasseroberfläche hindurch auf meinem Rücken. Ist das schön! Das ist so schön! Und ich frage mich wieder einmal, warum es im Freibad soooo anders ist als im Winter im Dantebad. Das ist auch draußen, da scheint auch mal die Sonne. Liegt es am wärmeren Wasser? Am Stand der Sonne? An meiner Einbildung? Ich weiß es immer noch nicht. Ich weiß nur, dass ich diesen Moment, diese Monate, herbeigesehnt habe. Und heute ist es endlich so weit!

Nach zwei Kilometern überlege ich, ob ich aufhören soll. Spüre in mich hinein, ob mir kalt ist. Oder schwindelig. Oder „komisch“. Nein, nichts dergleichen. Außerdem ist es momentan gerade ruhig, ich muss nicht überholen, keiner überholt mich. Es ist harmonisch, das ist immer ein gutes Argument zum Weiterschwimmen. Und so mache ich dann meine 60 Bahnen voll. Drei Kilometer im Freibad. Die ersten des Sommers 2019. Es ist herrlich!

Ich steige aus dem Becken und will mich noch etwas in die Sonne setzen. Aber das ist zu kalt. Es hat nicht mal 20 Grad Lufttemperatur und ich merke jetzt, wie ausgekühlt ich bin. Also ab in die Dusche. Und nicht zu schnell, schließlich muss sich mein Kreislauf erstmal anpassen. Die Dusche ist schön warm, das tut gut. Dann umziehen und in die Sonne setzen. Banane essen, was trinken. Aufwärmen. Aber selbst mit der schwarzen Strickjacke ist mir kalt. Ich merke, wie ich zu zittern anfange. Es hilft nichts, ich muss heimfahren. Zu kalt. Und wahrscheinlich mehr Hunger als nur eine Banane. Und so endet der erste Freibadtag recht plötzlich, aber das Wichtigste habe ich ja gemacht: Ich war schwimmen. Im Freibad rumliegen, das ist eh nicht so mein Ding.