Am Sonntag war Erntedank, der erste Sonntag im Oktober. Und was macht das Wetter? Es macht einen auf Sommer! Schon morgens ist es warm und im Laufe des Tages erreichen wir im Schatten locker 25 Grad, in der Sonne ist es fast nicht auszuhalten. Haha – das war diesen Sommer eher selten der Fall. Und so packe ich zu meinen Seeschwimmsachen auch meine Schwimmbrille und Ohrstöpsel ein. Es ist die letzte Chance auf eine See-Umrundung, die kommenden Tage soll es kälter werden und unter der Woche bin ich allein, da ist es mir nicht so geheuer. Aber heute ist Volker dabei und er findet die Idee gut, dass ich die Runde mitschwimmen will.
Wir gehen ins Wasser, stehen noch ein bisschen rum und beratschlagen uns, bevor es losgeht. Ich tauche unter, schwimme Oma-Brust. Es geht im Uhrzeigersinn, also zu den Winterbänken. Das Wasser ist frisch, nicht wirklich kalt aber eben auch nicht warm. Und so kostet es mich einiges an Überwindung, das Gesicht unterzutauchen. Ui! Kalt! Und ja, das sage ich, die im Winter bei einstelligen Wassertemperaturen geschwommen ist. Ich habe Eisschollen vor mir hergeschoben und Schneeflocken auf meinen Kopf schneien lassen. Aber das Gesicht ins etwa 17 Grad kalte Wasser eintauchen, das kostet mich Überwindung! Ganz vorsichtig schwimme ich weiter Brust, das Gesicht tauche ich hin und wieder ein. Nur das Gesicht, nicht den ganzen Kopf. Dann geht’s besser. Kraulen will aber nicht klappen. Ich habe – trotz der Ohrenstöpsel – zu viel Respekt vor dem kalten Wasser, das dann in meine Ohren läuft. Also weiter brustschwimmend. Durch ein Missverständnis schwimmt Volker dann mit kräftigen Kraulzügen davon und hält auch an der Bucht, vor der Querung, nicht mehr an.
Egal, denke ich. Ich schwimme Brust, ein Zug nach dem anderen, den Kopf unter Wasser, an der Uferlinie entlang. Und ich wage jetzt auch einen Blick nach unten. Die Sonne scheint und so ist es unter mir hellgrün. Ich sehe den Boden, er wirkt näher als er ist. Und wie auch bei unserem Sommerschwimmen sehe ich rechts von mir tiefes Dunkelgrün. Allerdings kann ich jetzt bei dem klaren Wasser auch die Bruchkante erkennen. Auf einmal ist der Boden weg, er bricht im Wortsinne ab! Wie im Gebirge! An der Halbinsel mit dem Baum ist das Wasser sehr flach, ich muss etwas weiter vom Ufer wegschwimmen, sonst schrabbt mein Bauch über die Steine. Danach kommt eine Bucht, in der ich im Winter auch schwimmen war. Und dann erschrecke ich ein bisschen, denn auch hier wird es sehr schnell sehr tief! Und nicht erst da, wo man es wegen des dunkelgrünen Wassers sieht, sondern schon vorher. Ich sehe den Boden; ich sehe, dass er doch sehr weit unten ist. Das heißt, dass ich hier im Winter sehr vorsichtig sein muss. Denn ich schwimme ja immer da, wo ich stehen kann. Oder sagen wir so: Wo ich meine, dass ich stehen kann! Es war noch nie nötig, dass ich mich hinstelle, aber es kann ja immer was sein …
Inzwischen bin ich an der Stelle angekommen, wo es über den See geht, wenn man die hintere Bucht nicht ausschwimmen will. Und weil mir gestern bei der Umrundung doch ganz schön kalt geworden ist, beschließe ich, dass es auch schön ist, wenn ich denselben Weg zurückschwimme. So kann ich die Unterwasserwelt hier nochmal genauer anschauen und genießen. Denn es ist wirklich faszinierend!
Am Steg angekommen will ich noch ein bisschen weiterschwimmen, weil es gerade so schön ist. Und so schwimme ich zur Birke und ein Stückchen weiter. Aber dann merke ich, dass mir kalt wird. Ich schaue auf die Uhr: 20 Minuten. Ok, das ist auch ausreichend und so drehe ich um, schwimme zurück zum Steg und war dann 22 Minuten im Wasser. Mir ist ein bisschen flau, ich bin froh, dass ich mich jetzt abtrocknen und anziehen kann. Die Sonne an der DLRG-Hütte wärmt mich auf, während auch Volker zurückkommt. Er ist sogar zweimal um den See geschwommen.
Der warme Sonnensonntag zieht jetzt immer mehr Menschen ans Wasser. Sogar die Kinder dürfen nochmal schwimmen, es ist fast wie im Sommer. Und ein gemeinsamer Schwimmfreund von Volker und mir kommt auch. Er war im Mai, kurz vor der Freibad-Saison, auch mal dabei. Da war es aber bewölkt und das Wasser hatte nur 14 Grad. Jetzt will er es auch wagen und weil mir inzwischen fast zu heiß ist, gebe ich Geleitschutz und gehe mit. Er zögert und braucht eine Weile, bis er untertaucht. Schwimmt los und sagt: „Lange halte ich das nicht aus.“ Um dann doch ein bisschen länger und noch ein bisschen zu schwimmen. An Land lautet sein Resümee: „Wenn man sich mal an das Wasser gewöhnt hat, ist es richtig schön.“ – „Sag. Ich. Doch!!“